Klassiker Szene

La vie en bleue

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Für das diesjährige internationale Bugatti-Treffen kamen 110 Modelle von 1909 bis in die frühen 1960er-Jahre in der französischen Region Okzitanien zusammen. Der Fotograf und eingefleischte Bugatti-Liebhaber Rémi Dargegen begleitete den einwöchigen Road-Trip.

Was für eine Freude es war, als ich 2015 mein erstes internationales Bugatti- Treffen in der Provence fotografieren durfte! Da das blaue Blut der Marke Bugatti durch meine Adern fließt, war es für mich die Erfüllung eines Traums, von so vielen dieser Autos in so schöner Landschaft umgeben zu sein. Ich bin seit meiner Jugend Mitglied im “Club Bugatti France” und so stand für mich und den Club fest, dass wir auch bei der diesjährigen Ausgabe wieder zusammenarbeiten würden.

Das Internationale Bugatti-Treffen 2022 versprach von Anfang an, noch außergewöhnlicher zu werden. Es war die bisher größte Zusammenkunft von Bugatti-Fahrzeugen aus der Vorkriegszeit, und in der Tat wurde ein Weltrekord aufgestellt: 110 Autos, die alle von ihren Besitzern über die herrlichen Straßen der Region Okzitanien in Südfrankreich, zwischen den Départements Tarn, Aveyron und Lot gelegen, gefahren wurden.


Die Tour führte auch durch malerische Orte in den Pyrenäen.

Auch wenn ich als Fotograf schon seit Jahren mit den Autos aus Molsheim zu tun habe, ist es immer etwas Besonderes, einen Bugatti persönlich zu erleben. Aber stellen Sie sich vor, Sie treffen nicht einen oder zwei, sondern 110 auf einmal, die fast alle jemals produzierten Typen abdecken. Und das nicht statisch auf einer Ausstellung oder einem Concours, sondern mit Vollgas durch einige der schönsten Landschaften, die Frankreich zu bieten hat. Es war keine Arbeitswoche. Es war ein Traum. Ich glaube, ich war noch nie so fasziniert, ja ergriffen, seit ich vor acht Jahren meinen normalen Job aufgegeben und meine Karriere als Fotograf begonnen habe.

Die Autos sind eine Seite der Medaille, sicher. Sie beeindrucken durch ihre Qualität, ihre Quantität und ihre Präsenz. Ein Bugatti ist ein Bugatti – und man kann ihn mit nichts anderem vergleichen. Selbst die bescheideneren Autos besitzen dieses unbestimmbare, gewisse Etwas, das auch sie so anziehend macht. Die beeindruckendsten Autos waren sicherlich der Bugatti Type 59 und der Type 54 mit seinem riesigen 5,0-Liter-Motor.

Dennoch habe ich eine Schwäche für die “Brescia” – sie sind so klein, so wendig und trotzdem so schnell. Es gab viele sehr originelle Type 37, das super elegante Type 55 Cabriolet Vanvooren und zwei hinreißende Type 57 Cabriolets. Aber mehr noch als die Autos war es der Geist des Treffens, der mir die ganze Woche über Gänsehaut bescherte.


Das “Viaduc de Millau” ist die längste Schrägseilhängebrücke der Welt. Aber was zählt das beim Fahren in den Sonnenuntergang …

Heute ist Bugatti die wohl prestigeträchtigste Automarke der Welt – und selbst in der Ära von Ettore Bugatti und seinen Söhnen waren die von ihnen gebauten Autos nur den reichsten Kunden zugänglich. Dennoch war die Atmosphäre während der Tour alles andere als luxuriös.

Es ging nur darum, die kleinen kostbaren Momente des Lebens in guter Gesellschaft zu genießen. Wie zum Beispiel, mitten im Nirgendwo anzuhalten, um in einem Fluss zu baden – wobei die nassen Badeanzüge und Unterhosen anschließend zum Trocknen von den Spiegeln und Auspuffen der Autos baumelten. Am Ende der Woche hatte ich das Gefühl, Teil einer neuen Familie zu sein.

Die Teilnehmer kamen aus der ganzen Welt, einige waren sogar aus den USA, Neuseeland oder Australien angereist. Und diese Bugatti-Enthusiasten fahren ihre wert- vollen Untersätze unabhängig von der Entfernung und den Wetterbedingungen: 2015 gab es Regen, Hagel und Gewitter, dieses Jahr hatten wir eine verrückte Hitzewelle. Im Vergleich zu den in anderen Ländern organisierten internationalen Treffen ist das französische Meeting vor allem für das Fahren bekannt. Man kommt hierher, um unterwegs zu sein, das macht den Unterschied aus.

Man muss bedenken, dass die meisten Autos 100 Jahre oder noch älter sind, und alle haben es bis zum Ende geschafft – dank einer fantastischen Hilfsmannschaft, die jeden Abend ein paar kleinere Probleme beheben musste. Auch alle Teams haben durchgehalten, einige Fahrer waren über 80 Jahre alt. All das nötigt mir großen Respekt ab.

Text und Fotos: Rémi Dargegen

In OCTANE #60 lesen Sie den ganzen Reisebericht.

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