Moderne Klassiker

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Der Huracán fährt auf der Zielgeraden, in diesem Jahr soll der Nachfolger kommen. So lange schickt Lamborghini noch mit dem STO die schärfste Sportversion der Huracán-Historie auf die Straße – ein feuriges Vergnügen für eiskalte Fahrer.

Es ist der große Trommelwirbel zum Finake, denn mit der STO-Version erreichte die Ära des Lamborghini Huracán ihren rennsportlichen Höhepunkt. Andere Versionen sind vielleicht etwas schneller, komfortabler oder seltener. Aber der STO – für Super Trofeo Omologato – ist der echte Rennwagen für die Straße. Oder ein Supersportwagen für Rennen. Und so fühlt er sich auch an. Ein Auto, mit dem man nicht einfach zum nächsten Bäcker fährt. Sondern über den Pass zum nächsten Bäcker. Und dann von Bäcker zu Bäcker …

Die Geschichte des Huracán beginnt am Genfer Salon 2014 und geht laut Gerüchteküche nach zehn Jahren zu Ende. Mehr als 20.000 Exemplare werden dann verkauft worden sein – das macht ihn zum meistverkauften Lamborghini aller Zeiten. Es gab ihn in sieben Versionen als Coupé und nochmal sechs als Spyder. Mal mit sportlichem Hinterrad-, mal mit überragendem Allradantrieb. Aber alle mit dem Zehnzylinder unter der Haube und einem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, das den Fahrspaß so richtig befeuert. Aktuell gibt es neben dem STO noch die Modelle Tecnica und den jüngst auf der Art Basel in Miami Beach vorgestellten Huracán Sterrato, eine auf 1499 Exemplare limitierte Offroad-Version. Mehr eine Fingerübung, was Design und Technik zum Finale noch im Köcher hatten.

Etwas »Kriegsbemalung« – wenn nicht bei einem Lambo, wo denn dann?

Angefangen hat das Huracán-Modellfeuerwerk 2014 mit dem LP610-4, was übersetzt einen längs eingebauten (LP) 5,2 Liter großen V10 mit 610 PS und Allradantrieb bedeutete. Die späteren Evo- (2019) und Performante-Modelle (2017–2019) hatten schlussendlich 640 PS, auf die auch der STO zugreift. Mehr Fahrfreude auf der Rennstrecke versprechen vor allem die Modelle mit Hinterradantrieb: RWD, STO und Tecnica. Allrad gibt es aktuell nur noch im Sterrato.

Der STO, inspiriert von den Rennwagen Huracán Super Trofeo Evo und GT3 Evo, ist deshalb die rennsportliche Speerspitze der Modellreihe. Die Tecnica-Version ist zwar mit 325 zu 310 km/h nominell schneller. Doch der kleine Abstrich beim Topspeed liegt am enormen Abtrieb des STO, der ihn viel besser in den Kurven kleben lässt. Was ihm auf der Rennstrecke hilft, aber die Längsbeschleunigung etwas bremst. Weil die Ingenieure wissen: »Rennen werden in den Kurven, nicht auf der Geraden gewonnen.« Die Standardbeschleunigung von 0 auf 100 km/h in drei Sekunden unterbieten nur die Allradler Evo und Performante um eine Zehntelsekunde. Denn der STO ist mit seinem Trockengewicht von 1339 Kilo leicht. Leichter als alle anderen Huracán-Modelle. Er ist das Optimum für schnelle Rundenzeiten.

Der Carbonrücken sieht zwar aus Dronenperspektive entzückend aus, verhindert aber praktisch jeden Blick nach hinten – und die Inaugenscheinnahme des famosen Zehnzylinders.

Nun darf sich der geneigte Interessent und Nicht-Rennfahrer fragen, ob das alles nötig ist bei einem Supersportwagen. Der per se nicht als Daily Driver gelten kann, weil Konstruktion und Leistung schon ins Extreme reichen (und das fängt schon beim Yoga-Einstieg an). Diese Frage stellt sich indes für den Kenner nicht. Denn hier geht es nicht um ein beliebiges Sondermodell, sondern schlicht um das Beste, was das Rennteam Lamborghini Squadra Corse zu bieten hat. Ein Modell, das immer etwas ganz Besonderes sein wird und daher seinen Status als Neoklassiker fraglos sofort verdient hat.

Im Cockpit herrscht Alcantara-Stimmung im Kampfjet-Stil.

An diesem Punkt der Geschichte werden vielerorts die technischen Eckpunkte heruntergebetet. Was einerseits zur Pflicht gehört, andererseits aber vom emotionalen Ansatz ablenkt. Genauso wenig muss man heutzutage noch in Testwerte einsteigen, die unter identischen Bedingungen zu identischen Ergebnissen führen. Und wer gerade nicht die 310 km/h Topspeed erreicht hat, muss zuerst Faktoren wie Wind, Temperatur und Asphaltqualität überprüfen. Für einen Messingenieur mag das spannend sein, für die anderen ist es ein eher akademischer Wert, weil man nicht mit 310 auf einen Pass fährt. Sondern einfach schneller und sicherer und schöner als mit fast jedem anderen Fahrzeug. Es ist wie immer – für den Enthusiasten zählt der Sportsgeist, der Spirit. Nicht der Messwert.

In Kurzfassung liest sich das Lastenheft wie folgt: Carbon, Carbon, Carbon, neue Luftkanäle für mehr Kühlung, Front in einem Stück ohne Spalten, Magnesiumfelgen, optimierte Keramikbremsen, Lufthutze plus Finne überm Motor, verstellbarer Heckflügel, Titan-Überrollkäfig und die Fahrmodi STO, Trofeo, Pioggia. Wow, das ist dann doch reichlich. Die Fahrdynamikeinstellungen bedeuten trockene Straße, Rennpiste und regennasse Fahrbahn. Auf letztere will man eher selten hin, weil das ständige Gewische nervt und die Konzentration auf die nächste Kurve stört. Einen Huracán fährt man nicht zum Spaß.

Text Ulrich Safferling // Fotos Lamborghini S.p.A.

Lesen Sie in OCTANE #70, wie sich der Lamborghini Huracán STO auf einer Rennstrecke anfühlt – auf der Straße geht das nicht.

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