Der AC Aceca gilt als einer der elegantesten Gran-Turismo-Wagen der 1950er-Jahre – und als einer der am meisten unterschätzten. Technisch eng verwandt mit dem offenen AC Ace, kombinierte das geschlossene Coupé klassische Linienführung, leichtgewichtige Bauweise und motorsporttaugliche Fahrdynamik. Gebaut wurde der Aceca von 1954 bis 1963 in vergleichsweise geringer Stückzahl. Heute ist das Modell nicht nur wegen seiner Aluminiumkarosserie und seiner Touring-Historie begehrt, sondern auch als frühes Beispiel eines sportlichen Reisewagens mit handgefertigten Details.

Ein besonderer Scheunenfund: Die Entdeckung eines AC Aceca
Der AC Aceca, lange Zeit von der Bildfläche verschwunden, wurde im Rahmen einer Haushaltsauflösung an der Südküste Englands entdeckt. Auf dem Grundstück eines älteren Herrn standen drei Fahrzeuge, die kurzfristig entfernt werden sollten – darunter zwei Bristol-Modelle und ein Aceca, der laut Angaben seit Ende der 1960er-Jahre nicht mehr bewegt worden war.
Der AC Aceca zeigte äußerlich Alterungsspuren, wies aber eine bemerkenswerte Substanz auf. Vor allem seine dokumentierte Rennhistorie rückte ihn in den Mittelpunkt des Interesses.
Der erste private Besitzer hatte den Wagen 1967 über einen Autohandel in London für 225 Pfund erworben – im Tausch gegen einen Fiat 124. Anfangs lief der Reihensechszylinder nicht sauber, doch nach dem Tausch der Zündkerzen war das Auto schnell einsatzbereit. In den darauffolgenden Jahren wurde der Aceca regelmäßig genutzt, unter anderem für längere Fahrten durch Wales. Der Kontakt zum Hersteller blieb eng: Ersatzteile wurden direkt beim Werk abgeholt, die Mitarbeiter kannten den Besitzer bald persönlich.
Im Jahr 1969 kam es zu einem Unfall mit einem Kleintransporter, bei dem der vordere linke Kotflügel beschädigt wurde. Eine geplante Restaurierung begann, wurde jedoch nie abgeschlossen. Stattdessen wurde das Fahrzeug eingelagert – zunächst als Zwischenlösung, dann für Jahrzehnte. Familienleben, Umzüge und Alltag verdrängten das Projekt. Erst viele Jahre später kam es durch Zufall wieder ans Licht.
Verloren geglaubt, akribisch dokumentiert: Die frühe Geschichte von Aceca 150 DPC
Das Familienunternehmen von Charlie und Steve Gray gilt heute als inoffizielles Archiv der Marke AC. Mit großer Erfahrung in der Rekonstruktion von Fahrzeughistorien übernahm Charlie Gray auch im Fall des AC Aceca mit dem Kennzeichen „150 DPC“ die Recherche – und stieß auf eine bemerkenswerte Vita. Demnach handelt es sich bei dem Wagen um ein ursprünglich als verloren geltendes Fahrzeug mit außergewöhnlicher Historie. Laut Werksunterlagen wurde das Coupé am 1. Juni 1957 erstmals zugelassen und am 4. Juni desselben Jahres durch den bekannten Tuner Ken Rudd (Ruddspeed) an einen Kunden namens J. Sunley ausgeliefert. Die Originalfarbe wird mit „grün“ angegeben.
Technisch war das Fahrzeug mit einem Zweiliter-Reihensechszylinder von Bristol ausgestattet, der in der leistungsstarken Variante 100D mit 128 PS verbaut wurde. Dieser Motor basiert auf einer Konstruktion aus Vorkriegszeiten, ursprünglich entwickelt für die BMW-Modelle 327 und 328. Trotz seines klassischen Aufbaus besitzt er einige technische Raffinessen: Der scheinbar als DOHC ausgeführte Motor verfügt in Wirklichkeit nur über eine seitlich montierte Nockenwelle. Durch ein komplexes System aus Stößelstangen und Kipphebeln gelingt es dennoch, halbkugelförmige Brennräume zu realisieren – ein technischer Kunstgriff, der damals wie heute für staunende Blicke sorgt.
Die Kombination aus dokumentierter Herkunft, prominenter Auslieferung und seltener Antriebstechnik macht diesen Aceca zu einem wertvollen Zeitzeugen der britischen Sportwagengeschichte – und zu einem begehrten Sammlerstück mit lückenlos nachvollziehbarer Vergangenheit.

Frühe Rennerfahrung auf Asphalt und Schotter: Der motorsportliche Werdegang von 150 DPC
Bereits kurz nach seiner Auslieferung wurde der AC Aceca mit dem Kennzeichen „150 DPC“ regelmäßig bei nationalen und internationalen Wettbewerben eingesetzt. Laut historischen Motorsportberichten trug der Eigentümer John Sunley zahlreiche Einsätze mit dem Fahrzeug aus – teilweise dokumentiert mit Fotomaterial und Rennergebnissen. Bei der Rallye Monte Carlo 1958 wurde der Wagen gemeinsam mit Beifahrer T. Piggott (in Berichten auch als „Pigott“ geführt) fotografisch festgehalten. Das Duo erreichte die letzte Etappe, musste jedoch aufgrund erheblicher Getriebeprobleme vorzeitig aussteigen. Die Fachzeitschrift „Motor Sport“ vermerkte, dass einige Fahrzeuge trotz Qualifikation nicht zur finalen Wertungsprüfung antraten – darunter auch der AC Aceca von Sunley. Die Veranstalter entschieden sich dennoch, alle bis dahin qualifizierten Fahrzeuge offiziell zu klassifizieren.
Sein Renndebüt hatte der Wagen bereits 1957 bei der Tour de France Automobile – einem Langstreckenrennen, das nicht nur fahrerisches Können, sondern auch technische Belastbarkeit forderte. Nur drei Monate nach dem Fahrzeugkauf belegten Sunley und sein Beifahrer den 14. Gesamtrang – ein beachtliches Ergebnis bei einem der härtesten Straßenrennen seiner Zeit. Wenige Monate nach der Monte Carlo Rallye nahm der Aceca auch an einem 3-Stunden-GT-Rennen in Pau teil. Dort geriet das Fahrzeug während des Rennens in Brand, konnte aber rechtzeitig gelöscht werden. Dennoch reichte es nur für den letzten Platz in der Klasse.
Am 30. April 1958 startete der Aceca erneut – diesmal bei der Tulpen-Rallye in den Niederlanden. Am Steuer saß eine andere Sunley, namentlich Joan, vermutlich die Schwester von John. Gemeinsam mit einem weiteren weiblichen Familienmitglied versuchte sie, den Damenpokal zu gewinnen. Doch bereits auf der ersten Etappe in der Eifel kam es zu einem Unfall, verursacht durch widrige Wetterbedingungen und nasse Straßen. Laut dem Buch »AC Six-Cylinder Sports Cars In Detail« endete der Versuch aufgrund eines Ausrutschers auf den rutschigen Straßen rund um den Nürburgring.
Die frühen Jahre des Aceca 150 DPC sind somit geprägt von intensiver motorsportlicher Nutzung, bemerkenswertem Engagement der Familie Sunley – und einem nicht unerheblichen Maß an technischem Durchhaltevermögen.
Vom ersten Halter zur Historie eines Adrenalinjunkies
Nach den letzten dokumentierten Renneinsätzen verliert sich die Spur von 150 DPC in zeitgenössischen Magazinen. Laut Fahrtenbuch wechselte der Wagen im Oktober 1961 den Besitzer und ging bis 1967 durch mehrere Hände, bevor Eric Genrey ihn erwarb. In den 1960er-Jahren erhielt der Aceca eine neue Lackierung in Gold – die originale Aluminiumkarosserie blieb dabei unversehrt.
Ein Detail in einer Bildunterschrift der Monte Carlo Rallye 1960 lieferte schließlich einen entscheidenden Hinweis: Der Fahrer John Sunley wird dort als John-Bernard Sunley geführt. Ein Nachruf im Daily Telegraph von 2011 legt nahe, dass es sich bei ihm um einen wohlhabenden Unternehmer handelte, der 1936 geboren wurde – exakt eine Woche vor dem Verkauf des Aceca im Juni 1957. Der sportlich vielseitig aktive Sunley nahm nicht nur an Motorsportveranstaltungen teil, sondern war auch im Rugby, Segeln, Pferderennen und beim legendären Cresta Run vertreten. Bereits vor dem Kauf des 150 DPC war er mit einem Sunbeam Rapier bei Clubrallyes erfolgreich. Der Aceca dürfte somit Teil eines frühen Kapitels im bewegten Leben eines ambitionierten Gentleman-Drivers gewesen sein.
Ein seltener Originalzustand mit offener Zukunft

Die Bernard Sunley Foundation, 1960 von Johns Vater gegründet, ist bis heute aktiv. Da John Sunley dreimal verheiratet war und sechs Kinder hatte, bleibt die Hoffnung, dass Angehörige oder Weggefährten weitere Hinweise zur Geschichte von 150 DPC liefern können. Die Verantwortung für den Aceca liegt nun bei Brooklands Cars, wo Charlie und Steve Gray das Fahrzeug als echte Zeitkapsel bewahren möchten. Ihr Ziel ist es, einen passenden neuen Eigentümer zu finden – jemanden, der den Wert dieses weitgehend unberührten Exemplars erkennt und respektiert.
Trotz Jahrzehnten im Dornröschenschlaf präsentiert sich der Aceca in bemerkenswertem Zustand. Türen mit originalem Eschenholzrahmen schließen noch heute präzise, die seltene Doppeltankanlage am Heck gilt als echtes Unikat. Für Charlie Gray steht fest: Nach einer behutsamen Restaurierung wird der zukünftige Besitzer ein Fahrzeug in Händen halten, das nicht nur an Rallye Monte Carlo, Tour de France und Tulpen-Rallye teilgenommen hat – sondern dies auch mit nachweislich originaler Substanz. Ein solcher Fund ist selten. Und seine Geschichte noch lange nicht zu Ende erzählt.






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10 spannende Fakten rund um den AC Aceca
- Konstruktion mit EschenholzrahmenDer AC Aceca basiert auf einer klassischen Rahmenbauweise mit einem tragenden Rohrrahmen und Holzverstärkungen aus Eschenholz – eine Technik, die eher an britische Vorkriegsfahrzeuge erinnert.
- Handgefertigte Aluminiumkarosserie
Jede Karosserie des Aceca wurde von Hand aus Aluminiumblechen über Holzformen gehämmert. - Früher Einsatz von Heckklappen
Für ein Fahrzeug der 1950er-Jahre war die große Heckklappe des Aceca eine Besonderheit – viele zeitgenössische Coupés hatten nur einen kleinen Kofferraumdeckel. - Ungewöhnlich leicht für ein GT-Coupé
Mit einem Leergewicht von rund 1.000 kg galt der Aceca als ausgesprochen leicht – und war dadurch trotz moderater Motorleistung agil und schnell. - Fünf verschiedene Motorvarianten
Der Aceca wurde wahlweise mit einem AC-Reihensechszylinder, einem modifizierten Bristol-Motor oder – in seltenen Fällen – mit einem Ford-Zeithorizont-Motor ausgeliefert. - Hohe Tourentauglichkeit
Viele Aceca wurden mit Overdrive ausgestattet, was bei Autobahnfahrten den Motor drehzahlschonend laufen ließ – eine Besonderheit für britische Sportwagen dieser Ära. - Entwicklung mit Blick auf Alltagstauglichkeit
Trotz sportlicher Gene war der Aceca mit Schalldämmung, Teppichen und Seitenfensterhebern ausgestattet – für damalige Verhältnisse ein Komfort-Plus. - Namensherkunft bewusst gewählt
„Aceca“ wurde als Kunstwort eingeführt, um das Coupé klar vom offenen „Ace“ abzugrenzen – mit dem Zusatz „ca“ für Coupé Aluminium. - Einer der Vorläufer des AC Cobra
Der Aceca teilt sich Chassis und Layout mit dem AC Ace – der später durch Carroll Shelby zum legendären Cobra weiterentwickelt wurde. - Heutiger Sammlerwert stark gestiegen
Gut erhaltene oder originale Aceca-Modelle erzielen heute auf Auktionen Preise im sechsstelligen Bereich.
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