Die Nissan GTR Generation
Klassiker

Nissan GTR: Vier Generationen Speed, Stil und Seele

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Der Nissan GT-R war nie einfach nur ein Auto. Er war ein Statement – auf der Straße wie auf dem Rundkurs. Seit seinem Debüt als Skyline GT-R im Jahr 1969 faszinierte er mit technischer Raffinesse, Rennsport-Genetik und einem Ruf, der weit über Japans Grenzen hinausreichte. Nun, da die Ära dieser Baureihe offiziell endet, ist es an der Zeit für einen letzten Blick auf vier Generationen, die Geschichte geschrieben haben: R32, R33, R34 und R35. Vier straßenzugelassene Fahrzeuge – jede für sich ein Kapitel im Mythos GT-R.

Nur wenige Fahrzeuge haben die Automobilwelt so nachhaltig geprägt wie der Nissan Skyline GT-R. Vom straßenzugelassenen Performance-Modell bis zur überlegenen Rennmaschine – der GT-R wurde über Jahrzehnte zur Legende. Die frühen Generationen, allen voran der R32, erlangten Kultstatus durch technische Überlegenheit und motorsportliche Erfolge. In der japanischen Tourenwagenmeisterschaft blieb der R32 bei 29 Starts ungeschlagen. Auch international setzte er Maßstäbe, etwa mit dem Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Spa und dominanten Auftritten in Australien, wo er sich gegen V8-Konkurrenz den Spitznamen „Godzilla“ verdiente. Spätere Modellreihen fanden vor allem in der digitalen Welt Anklang – als feste Größe in Rennsimulationen und Videospielen.

Im Jahr 2022 endete die offizielle GT-R-Ära in Europa aufgrund verschärfter Geräuschvorschriften. Ende 2024 folgte der US-Markt, und im März 2025 schloss Nissan auch in Japan die Auftragsbücher. Damit ist ein bedeutendes Kapitel der Sportwagengeschichte abgeschlossen.

Technik, Tuning und Tourenerfolge: Die frühen Wurzeln des GT-R

Jede Generation des GT-R hat ihre eigenen Stärken – sei es bei Leistung, Technik oder Design. Gemeinsam ist ihnen der muskulöse Look mit den vier runden Rückleuchten. Viele Fahrzeuge wurden individuell modifiziert, was den GT-R zur Tuning-Ikone machte. Gerade diese Wandelbarkeit macht für viele den Reiz aus.
Der R32 ist der älteste Vertreter der hier betrachteten Baureihe – doch die GT-R-Geschichte reicht weiter zurück. 1957 brachte die Prince Motor Company die erste Skyline-Limousine auf den Markt. 1964 sorgte der Skyline 2000 GT mit einem Achtungserfolg gegen einen Porsche 904 GTS in Suzuka für Aufsehen. Nach der Übernahme durch Nissan erschien 1969 der erste GT-R: der PGC10. Mit 210 PS und leichtem Aufbau erzielte die Limousine 33 Siege, das Coupé baute die Serie auf 50 Erfolge aus. Erst die Ölkrise 1973 setzte dem ein Ende.

Technische Details im Motorraum eines GT-R

Die Rückkehr des Giganten: R32 GT-R mit Technikvision und Rennsportseele

Ein echtes Comeback: Nach 16 Jahren Entwicklungsstille brachte Nissan 1989 in der achten Skyline-Generation den GT-R als R32 zurück – ein Fahrzeug, das auf Leistung, Präzision und Rennsporterfolg ausgerichtet war. Das silberne Coupé war kein simples Serienmodell, sondern ein Hightech-Projekt der Motorsportabteilung Nismo, entwickelt unter Leitung von Naganori Itoh. Sein Vorbild: der Porsche 959 – ein Auto, das nie auf der Rennstrecke glänzte, aber als technologische Speerspitze galt.

Im R32 verband sich Rennsport-DNA mit hochentwickelter Elektronik. Das Allradsystem ATTESA E-TS Pro verteilte die Kraft dynamisch: Im Normalbetrieb ging die gesamte Leistung an die Hinterachse, erst bei Schlupf wurden bis zu 50 Prozent auf die Vorderräder geleitet. Unterstützt wurde das System von einem G-Sensor und der aktiven Allradlenkung HICAS, die vor allem im Grenzbereich Stabilität brachte. Für den Antrieb sorgte ein 2,6-Liter-Reihensechszylinder mit zwei Garrett-Turboladern – offiziell auf 280 PS begrenzt, aber in der Praxis deutlich stärker. Der R32 brach mit der Straßenversion auf der Nürburgring-Nordschleife einen bestehenden Serienrekord – 8:20 Minuten bedeuteten eine klare Kampfansage an europäische Platzhirsche wie Porsche. Damit war der Grundstein für eine neue Legende gelegt.

Zwischen Rennstrecke und Alltag: Der R33 GT-R als unterschätzter Alleskönner

1993 brachte Nissan den Skyline GT-R R33 als neunte Generation auf den Markt – größer, schwerer und alltagstauglicher als der R32, aber mit ähnlicher Technik. Der 2,6-Liter-Biturbo-Reihensechser blieb erhalten, offiziell mit 280 PS, tatsächlich mit mehr. Trotz rund 100 Kilogramm Mehrgewicht lag die Beschleunigung bei starken 4,9 Sekunden.
Verbesserte Aerodynamik, ein steiferes Chassis sowie das weiterentwickelte ATTESA-Allradsystem sorgten für ein stabiles Fahrverhalten – auch dank der aktiven Allradlenkung HICAS. 1995 erzielte der GT-R R33 als erster Serienwagen eine Nordschleifen-Zeit unter acht Minuten.
Ein besonderes Kapitel: 97 modifizierte V-Spec-Modelle wurden 1997 über Middlehurst nach Großbritannien importiert – mit angepasstem Kühlsystem, UK-Leuchten und einem neuen Begrenzer. Der R33 erwies sich so als souveräner Allrounder – komfortabel im Alltag, stark auf der Strecke.

R34 GT-R: Präzision auf den Punkt gebracht

Nissan GT-R Modellreihe mit sportlichem Design

1998 kehrte Nissan mit dem GT-R R34 zu seinen sportlichen Wurzeln zurück. Im Vergleich zum komfortableren R33 wirkte der R34 deutlich fokussierter. Die neue Front mit zahlreichen Lufteinlässen zeigte: Hier geht es um Performance. Kürzerer Radstand und 50 % steifere Karosserie machten sich auf Rennstrecke und Straße bemerkbar.

Der bekannte 2,6-Liter-Biturbo-Reihensechszylinder blieb erhalten, offiziell mit 280 PS, real über 330. Neues Getriebe, große Brembo-Bremsen und verfeinertes Allradsystem ATTESA E-TS Pro sorgten für exzellente Fahrleistungen. Auch die Allradlenkung HICAS wurde überarbeitet.
Das Ergebnis: besseres Ansprechverhalten, direktere Lenkung und präzises Handling. Der R34 knackte auf der Nordschleife sogar einen Serienwagen-Rekord. Mit nur 11.310 Exemplaren gilt er bis heute als der seltenste und für viele als der ikonischste Skyline GT-R überhaupt.

Das Fahrerlebnis selbst macht den Reiz aus: Der R34 bietet im Vergleich zum R33 eine deutlich straffere Abstimmung, direktere Reaktionen und ein spürbar agileres Handling. Die sechs Gänge sind harmonisch abgestimmt, das Zusammenspiel von Motor, Fahrwerk und Lenkung wirkt ausgereifter. Selbst mit nur dezenten Modifikationen bleibt der Charakter des Originals erhalten – kompromisslos sportlich, aber nicht unkomfortabel.

Technik-Offensive ohne Kompromisse: Der GT-R R35 als Neubeginn

Mit dem R35 läutete Nissan schließlich 2007 auf der Tokyo Motor Show ein neues Kapitel ein. Zum ersten Mal wurde der GT-R nicht mehr unter dem Namen Skyline vermarktet, sondern als eigenständiges High-Performance-Modell. Der Marktstart in Europa erfolgte 2009, das Design kantig, die Technik hochentwickelt: Doppelkupplungsgetriebe im Transaxle-Aufbau, adaptives Fahrwerk, elektronisch gesteuerter Allradantrieb und ein neuer 3,8-Liter-Biturbo-V6 mit 485 PS – ein klarer Sprung in eine neue Leistungsklasse. Über die Jahre wurde der R35 kontinuierlich weiterentwickelt. 2011 stieg die Leistung auf 530 PS, später sogar auf 570 PS und 600 PS in der Nismo-Version. Letztere erhielt zusätzlich Carbonteile, ein aggressives Aero-Paket und besonders standfeste Bremsen – während man auf die Allradlenkung aus Gewichtsgründen verzichtete. Trotz seiner Größe vermittelt der R35 ein erstaunlich dynamisches Fahrgefühl und bleibt bis heute eines der beeindruckendsten japanischen Performance-Fahrzeuge aller Zeiten.

Godzilla lebt weiter – das Erbe einer Ikone

Ganz gleich, welchen GT-R man betrachtet – jeder Einzelne verkörpert ein Kapitel Automobilgeschichte. Der R32 mit seiner perfekten Rennbilanz, der R33 als Plattform für Höchstgeschwindigkeitsrekorde oder der R35 mit seiner brachialen Beschleunigung und modernster Technik: Sie alle stehen für eine Ära, in der japanische Ingenieurskunst neue Maßstäbe setzte. Viele dieser Fahrzeuge wurden über die Jahre individuell modifiziert – nicht aus Mangel, sondern aus Leidenschaft. Denn der GT-R war nie nur ein Auto, sondern eine Einladung, Technik weiterzudenken. Ob auf dem Rundkurs, der Viertelmeile oder der Passstraße – das Godzilla-Erbe lebt weiter, in jeder Kurve, in jeder Drehzahl – und vor allem: im Herzen derjenigen, die es erleben durften.


10 spannende Fakten über den Nissan GTR

  1. R32 Codename Godzilla: Der australische Presse gab dem R32 GT-R den Spitznamen „Godzilla“ – weil er als japanisches Monster die westliche Motorsportwelt aufmischte.
  2. Erster GT-R war ein Viertürer: Der originale PGC10 GT-R von 1969 hatte vier Türen – erst 1971 folgte das zweitürige Coupé KPGC10.
  3. Der R33 war der erste Serienwagen mit Nordschleifen-Zeit unter 8 Minuten: Dirk Schoysman fuhr 1995 mit einem seriennahen R33 GT-R V-Spec eine Rundenzeit von 7:59 – ein Novum für ein Serienauto.
  4. Das GT-R-Logo wurde nie verändert: Seit 1969 blieb die Gestaltung des GT-R-Logos fast identisch – ein bewusstes Markenzeichen.
  5. Der R35 hat eine eigene Teststrecke in Tochigi: Für die Entwicklung des R35 wurde eine komplette Handlingstrecke gebaut, inklusive Kopie der Nordschleife-Sektoren.
  6. GT-R tauchte im Kinofilm „Fast & Furious: Tokyo Drift“ auf – als Publikumsliebling. Besonders der R34 von Paul Walker gilt bis heute als Kult.
  7. Einige GT-R-Teile sind heute als Heritage-Teile verfügbar: Nissan produziert Originalteile für klassische GT-R über das „Nismo Heritage Program“.
  8. Der R35 GT-R Nismo ist teilweise in Handarbeit gefertigt: Der Motor wird im „Takumi“-Verfahren von nur vier speziell ausgebildeten Meistern gebaut.
  9. Der GT-R war lange nur in Japan erhältlich. Erst mit dem R35 wurde das Modell offiziell weltweit angeboten – früher musste man importieren.
  10. Einige GT-R sind inzwischen von US-Importverboten befreit: Durch das „25-Jahre-Gesetz“ dürfen Modelle wie der R32 seit 2014 offiziell in die USA eingeführt werden.
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