Volvo Amazon fährt eine Rallye
Klassiker

Volvo Amazon mit Feuer unterm Hintern

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Text Nicolaus Koretzky // Fotos Rudolf Menzi Motorsportfotos

SCHWEDEN STAHL ALLEN DIE SHOW: RELATIV ROSTFREI, ROBUST UND RECHT SCHNELL – JE NACH MOTORISIERUNG. WER HEUTE IN DEN MOTORSPORT STARTEN WILL, HAT NUR BEGRENZTE MÖGLICHKEITEN: EINE DAVON HEISST VOLVO AMAZON.

Wer heute auf der Suche nach einem robusten und voll alltagstauglichen Klassiker ist, der auch noch bezahlbar ist, bei dem außerdem die Ersatzteilversorgung kein größeres Problem darstellt, und der auch noch eine gute Basis für Einsätze im Motorsport darstellt, der hat nur begrenzte Möglichkeiten. Eine davon ist der Volvo Amazon alias Volvo 121/122/ 123.

Eine gut gepflegte Amazone ist fast nicht totzukriegen. Besonders mit den späteren, leistungsstärkeren Motoren B18 (1780 ccm) und B20 (1990 ccm). Schon in ihrer Bauzeit war das Auto maßgeblich dafür verantwortlich, dass Volvo sich als Hersteller extrem robuster, zuverlässiger Automobile etablieren kann. Einer Studie der schwedischen Verkehrsüberwachung kam Schweden-stahl im Jahr 1965 im Schnitt auf 13,3 Jahre, während das Alter des Fahrzeugbestands in anderen Ländern aufgrund von fehlendem Korrosionsschutz nur zwischen vier und acht Jahren lag.

WICHTIG FÜR DEN RALLYE-EINSATZ: DER VOLVO AMAZON MUSS IN DIE RICHTIGE KATEGORIE EINGESTUFT WERDEN – SONST TRITT ER GEGEN FAHRZEUGE AN, GEGEN DIE ER KEINE CHANCE HAT

Die für die damalige Zeit sehr leistungsstarken Aggregate sorgten dafür, dass der Schwedenhappen bald auch im Rallyesport feiern konnte und bis heute – gerade im klassischen Langstrecken-Rallyesport – feiert. Kein Wunder, dass bis heute viele Amazon-Besitzer durchaus Interesse daran haben, ihrem sportlichen Schweden etwas die Sporen zu geben. Interessant: Zunächst setzte Volvo den älteren Bruder P544 und den Amazon parallel im Motorsport ein – bis die Produktion des Buckel-Volvos 1965 eingestellt wurde.

Die Qual der Wahl hat man auch heute. Fakt ist aber: Die deutschen Amazonen sind fast alle angemeldet, werden – vom einen mehr, vom anderen weniger – im Straßenverkehr genutzt und gehen höchstens mild getunt in Oldtimer-Rallyes an den Start. Reine Rennfahrzeuge ohne Straßenzulassung sind extrem selten. Welche Amazone wäre also die richtige für den Start ins motorsportliche Abenteuer? Am wenigsten eignen sich die frühen Modelle mit dem B16 genannten 1600er Motor, der mit 60 PS nicht gerade leistungsstark war und im Gegensatz zu seinen Nachfolgern, die ohne größere Eingriffe locker eine Viertelmillion Kilometer schafften, auch nicht besonders langlebig war.

FÜR ZUVERLÄSSIGKEITSFAHRTEN KANN DER HALTER SEINE AMAZONE IM SERIENMÄSSIGEN ZUSTAND BELASSEN. SOLL IN EINER ERNSTHAFTEN RALLYE RICHTIG ANGEGAST WERDEN, SIND ZUMINDEST DIE ÜBLICHEN VERÄNDERUNGEN PFLICHT

Zudem sind Modelle bis 1961 nur mit einer 6-Volt-Elektrik aus-gestattet. Der 1800er mit 83 PS (1961–1968) und der Zweiliter (1968–1970) mit bis zu 103 PS sind die deutlich bessere Basis für sportliche Einsätze. Für Zuverlässigkeitsfahrten kann der Halter seine Amazone im serienmäßigen Zustand belassen. Soll in einer ernsthaften Rallye richtig angegast werden, sind zumindest die üblichen Veränderungen wie Überrollbügel/-käfig, Notausschalter innen und außen, Sicherheitstank und Sechspunktgurte Pflicht.

Was für Änderungen sind speziell am Amazon erforderlich, um mit guten Chancen an den Start zu gehen? Ein Schwachpunkt für den Einsatz im Rennsport sind die Stirnräder. Wer ernst machen will, sollte sie durch Ersatzteile aus Edelstahl ersetzen, raten manche. Ulrich Loehl allerdings, der gerade eine Zwei-Liter-Amazone aus den USA in eine Gulf-Rallye-Amazone umbaut, ist da anderer Ansicht: »Die 130, 140 PS verkraften auch die Original-Stirnräder locker.« Nanu: 140 PS? »Der Zweiliter«, erklärt Loehl, der früher in einer Volvo-Werkstatt gearbeitet hat, »wurde baugleich auch als Bootsmotor verwendet und hatte dort von Haus aus 130 PS. Und das Innenleben eines dieser Bootsmotoren tut nun in meinem Gulf-Amazon Dienst.«

INTERESSANT: WÄHREND 1965 SCHWEDISCHE AUTOS IM SCHNITT 13,3 JAHRE ALT WURDEN, WAR IN ANDEREN LÄNDERN ZWISCHEN VIER UND ACHT JAHREN BEREITS SCHICHT IM SCHACHT – WEGEN FEHLENDEM KORROSIONSSCHUTZ

Was hat er noch getan, um seiner Amazone Beine zu machen? »Eine Vier-in-Eins-Auspuffanlage, bestehend aus Krümmer (ca. € 250) und Edelstahlanlage (ca. € 600), zwei Weber-Doppelvergaser (ca. € 1100) und die von mir selbst ausgeführte Motorrevision inklusive schärferer Nockenwelle waren die wichtigsten Änderungen.« Ansonsten sind Investitionen in den Motor weitgehend überflüssig und auch vom praktisch unzerstörbaren Getriebe kann man getrost die Finger lassen.

Im Bereich der Hinterachse hingegen lässt sich durchaus etwas herausholen. Gebrochene Achsrohre hat es durch-aus schon gegeben. »Wer Zeit gewinnen will, steckt das Geld lieber in ein Sperrdifferenzial als in den Motor«, war schon vor Jahren das Credo der Amazon-Piloten. So einfach ist das heute nicht mehr.

»Sperrdifferenzial? Das wäre fein«, sagt Loehl. »Aber so etwas ist heute einfach nicht mehr zu beschaffen. Ich schaue mich wirklich überall um – auch in Großbritannien, wo einiges nachgebaut wird – doch von einem verfügbaren Sperrdifferenzial habe ich noch nie gehört.« Jetzt möchte Loehl, dass seine Amazone noch das H-Kennzeichen bekommt, die nötigen Teile hat er schon. Dem ersten Renn-Einsatz steht fast nichts mehr im Wege. »Wichtig ist natürlich auch, dass man in die richtige Kategorie eingestuft wird. Sonst musst du gegen Fahrzeuge antreten, gegen die du keine Chance hast.«


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