Klassiker

Schnellschuss von Tucker

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Dieses atemberaubende Auto und seine Technik waren ihrer Zeit voraus – doch Streitigkeiten torpedierten seinen Erfolg. Dabei hatte der Tucker 48 das Zeug zur Stilikone, meint Stephen Bayley.

Kriminell und emotional

1948 verpasste Detroits Star-Designer Harley Earl einem Cadillac erstmals Heckflossen und brachte General Motors auf den Weg zum weltweit größten und profitabelsten Unternehmen. Earls extravagante Formensprache dominierte den automobilen Geschmack in den USA in ihrer Blütezeit, den Eisenhower-Jahren. Das neue Interstate-Highway-Netzwerk eröffnete neue Horizonte, im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Ebenfalls 1948 brachte Preston Tucker (1903–1956) seinen futuristischen »Torpedo« auf den Markt. Technisch ambitioniert und ästhetisch anspruchsvoll. Doch dessen Schöpfer prägte keine Ära, vor allem wegen seines zweifelhaften Geschäftsgebarens.

Tucker betrog seine Händler, enttäuschte seine Kunden, wurde von den Behörden verfolgt und führte sein Unternehmen in die Pleite. Dabei lag es nicht an Tuckers krimineller Energie, sondern vielmehr an seiner emotionalen Art. Er versprach gerne mehr, als er halten konnte. Nicht einmal ein voll funktionsfähiges Getriebe konnte er liefern: Bei der Markteinführung hatte sein zukunftsweisendes Auto keinen Rückwärtsgang. Eine bessere Metapher für den voranstrebenden, aber oft illusorischen amerikanischen Traum ist kaum vorstellbar: Immer nach vorn, niemals zurück.

 

Ein Mann und sein Traum

Beide Männer waren außergewöhnlich. Harley Earls Leben und Karriere wirkten wie eine ständige Bewerbung um den Titel »Erstaunlichste Person, die ich je traf«. Tucker war nicht weniger beeindruckend. Er galt als elegant, gutaussehend, charmant, bestens gekleidet … und als Verkäufer von teuflischem Talent. Er bewegte sich zwischen Genie und Scharlatanerie, fast wie ein früher John DeLorean. Als Francis Ford Coppola 1973 seine Filmbiographie über Preston Tucker plante, dachte der Regisseur von »Der Pate« so groß, dass er zunächst Marlon Brando für die Hauptrolle und Leonard Bernstein für die Filmmusik einplante. Als »Tucker: Ein Mann und sein Traum« 1988 schließlich gedreht wurde, spielte dann aber Jeff Bridges die Hauptrolle. Der Film wurde von der Kritik gut aufgenommen, war an den Kinokassen jedoch ein Flop.

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