Harry Metcalfe reiste mit seinem Lotus Turbo Esprit nach Cortina d’Ampezzo. Auf der Suche nach den Drehorten, an denen 1981 James Bonds Esprit im 007-Film »In tödlicher Mission« durch den Schnee stob.
Man drehe die Uhr zurück auf Sonntag, den 4. Januar 1981. Zwei Lotus Turbo Esprit – nahezu identisch mit mei- nem – machen sich vom Lotus-Werk Hethel auf den Weg. Ihre Mission: am nächsten Tag am Drehort für den neuen Bond-Film »For Your Eyes Only« (deutscher Titel: »In tödlicher Mission«) zu sein. Zielort ist der noble Skiort Cortina d’Ampezzo in den italienischen Dolomiten, wo die Filmcrew bereits ihr Lager aufgeschlagen hat. Als Fahrer bestimmt sind Dave Minter, Leiter der Abteilung Dynamic Engineering bei Lotus, und Don McLauchlan, der alle Marketing- und PR-Aktivitäten koordiniert und dem es in erster Linie zu verdanken war, dass es Lotus in zwei Bond-Episoden schaffte.
Ich muss zunächst noch vorausschicken: Mein Turbo Esprit ist weiß, während der im Film eingesetzte Wagen in der Farbe »Copper Fire«, einem Bronzeton, erstrahlte. Und zwar auf Wunsch der Regisseure, die befürchteten, dass sich der weiße Turbo Esprit – der in einer zuvor in Korfu aufgenommene Szene eingesetzt wurde und sich selbst zerstörte, als ein Mann versuchte, ihn zu stehlen – nicht gut vom Schnee abheben würde.
Sonderbarerweise wird der Farbwechsel im Film nicht aufgelöst. Bond entdeckt den beschädigten Wagen in Qs Werkstatt und zeigt sich erfreut, dass er wieder hergerichtet wird. Auf die geänderte Farbe geht er jedoch nicht ein. Heute würde ein solcher Fauxpas einen Sturm der Entrüstung auslösen. Aber ganz ehrlich: Ich finde, man hätte die Dreharbeiten mit dem weißen Auto fortführen sollen. Um also zu sehen, wie das dann gewirkt hätte, begeben wir uns über die kurvige Hotelauffahrt hinab zur nur wenige Kilometer entfernten Skisprungarena.
Danach geht es zum olympischen Eisstadion, wo eine nächtliche Szene mit dem kupferfarbenen Esprit gedreht wurde: Bond kommt an, parkt ein und lässt einen Kontaktmann im Auto zurück, um in der Halle jemand zu treffen. Als er zurückkommt, liegt sein Begleiter tot im Sitz. Wir werden diese Szene nicht nachstellen, doch lesen wir, was Don McLauchlan über sie geschrieben hat.
»Weil es seit Wochen in Cortina kaum noch geschneit hatte, wurden 25 Lkw-Ladungen Neuschnee von außerhalb angeliefert und sorgfältig auf dem Parkplatz und der weite- ren Umgebung verteilt. Wir filmten bis 20 Uhr und es war verdammt kalt, minus 25 Grad. Roger Moore und ich waren die einzigen armen Hunde, die keine Snow-Boots anhatten, weil man mit solchen »Elefantenfüßen« keinen Esprit Turbo fahren konnte. Gegen 18 Uhr schmerzten meine Füße, um 19 Uhr waren sie taub, um 20 Uhr schienen sie nur noch kalt zu sein, bis wir zurück im Hotel waren, wo sie dann eine Stunde brauchten, um wieder aufzutauen. Ganz schön lus- tig, dieses Filmgeschäft.«
Bei unserem Besuch des Eisstadions schien die Sonne und das Wetter war so göttlich, dass wir uns dazu entschlossen, uns in die von allen Seiten des Tals hochziehenden Bergflanken zu begeben. Die Straße war stärker befahren, als wir erwartet hatten, zumeist von Skifahrern, die zu in Betrieb befindlichen Liftstationen strömten.
Diese sind nicht zentral gebündelt, sondern breiten sich über mehrere Kilometer entlang einer Straße aus, die sich als Bergpass erwies. Kein Wunder, dass auch hier Szenen für ein Bond-Movie abgedreht wurden, und es war auch keine Überraschung, dass unser Lotus überall zum Foto-Objekt von Instagram-Jägern wurde. Verständlich: Wann sieht man schon mal einen Esprit mit zwei über seiner Motorabdeckung festgezurrten Paar Skiern, der sich seinen Weg den Berg hinauf bahnt?
Als wir oben sind, entdecke ich links von uns eine für ein paar Beauty-Shots im Schnee geeignete Piste. Ich steige aus und bewundere neben der fantastischen Rundumsicht die so glasklar definierten Linien des keilförmigen Lotus. Kein Wunder, dass er bis heute zu den beliebtesten und ikonischsten Bond-Autos aller Zeiten gehört. Ich denke, sein Sexappeal bestand in der Rolle des beherzten britischen Underdogs, der neben seinem unverschämt guten Aussehen noch dynamische Höchstleistungen ins Feld führte.
Text Harry Metcalfe // Fotos Justin Leighton // Bearbeitung Thomas Imhof
Lesen Sie in OCTANE #55, wie dieses Fahrabenteuer im Turbo Esprit weiter ging.
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