Klassiker

Elitäres Erinnerungsstück

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Der 2021 verstorbene, ehemalige FIA-Präsident Max Mosley kaufte diesen Lotus Elite als Neuwagen – und OCTANE brachte ihn vor sieben Jahren mit seiner ersten automobilen Liebe wieder zusammen.

Wir wollen ja nicht prahlen, aber OCTANE ist nicht nur ein ziemlich cooles Klassikermagazin, sondern auch ein teuflisch guter Kuppler, der eine kleine, aber entscheidende Rolle dabei spielte, diesen Lotus Elite wieder mit seinem ersten Besitzer zusammenzubringen. Die Rede ist von dem im Mai 2021 verstorbenen Max Mosley, seines Zeichens Anwalt, der zum Rennfahrer wurde, Formel 1-Kenner, Teambesitzer, FOCA-Repräsentant und langjähriger FIA-Präsident. Und – nicht zu vergessen – ein Pionier der Automobilsicherheit.

Ohne eine Ahnung von seiner zukünftigen Karriere in der Königsklasse des Motorsports zu haben, erfüllte sich Mosley als 21-jähriger Anwaltsanwärter im englischen Manchester 1961 seinen automobilen Traum – fasziniert von der Technik und dem Aussehen des erst zweiten Serienfahrzeugs mit selbsttragender Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunststoff.


Max Mosley wiedervereint mit dem Lotus Elite, an den der frühere FIA- Präsident so viele schöne Erinnerungen aus den frühen 1960er-Jahren hatte.

In dem letzten Interview, das er vor seinem Tod gab, sagte er zu OCTANE: “Ich fand die fortschrittliche Technologie der Monocoque-Konstruktion in Verbindung mit einem sehr modernen Coventry-Climax- Motor äußerst reizvoll, obwohl es meine finanziellen Möglichkeiten bei weitem überstieg. Mein einziges vorheriges Auto war ein Austin Healey ‚Froschauge‘ gewesen, daher war der neue Wagen eine ziemliche Offenbarung.”

Als angehender Rennfahrer holte sich der junge Mosley viele Ratschläge. Nicht von Colin Chapman, den er zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte, sondern von Rodney Bloor bei Lotus, der selbst ein erfahrener Rennfahrer war. Das betraf auch den Zusammenbau des Elite aus dem Teilesatz, den Mosley für steuerlich vorteilhafte 1299 Pfund gekauft hatte, während ein fertiges Auto stolze 1951 Pfund kostete. “Rodney war sehr hilfsbereit und gab mir gute Ratschläge in Bezug auf mein langfristiges Ziel, Rennfahrer zu werden. Der Bau des Elite aus dem Bausatz wäre ohne die Hilfe von Rodneys Rennmechaniker nicht möglich gewesen. Ich war zwar anwesend, aber, wenn ich mich recht erinnere, nicht sehr hilfreich. Ich glaube, es hat zwei Tage gedauert.”

Mosley behielt den Elite drei Jahre lang und reiste damit durch ganz Europa, einschließlich zum Grand Prix von Monaco 1964 und vielen anderen F1-Austragungsorten. Einmal schliefen er und seine Frau Jean sogar in dem Lotus, da sie sich im Juli 1962 in Reims kein Hotelzimmer leisten konnten. Wie er OCTANE erzählte, hatte er “viele, aber hauptsächlich kleinere Probleme” und den Ruf des Modells als ein zerbrechliches Gefährt hielt er für “ungerecht, wenn man bedenkt, wie neu es war”.

Die BBS-Felgen und der E30 M3 Tourenwagen sind ein perfektes Match.

Am Ende musste Mosley den Elite verkaufen (für 600 Pfund), da er für den Anhängertransport seines Mallock U2 in der Clubman-Formel ein “normales” Auto brauchte. Doch er schätzte den Elite immer sehr und erinnerte sich gern an ihn – ganz besonders, als ihn seine Rennfahrerkarriere mit Lotus-Genie Colin Chapman zusammenbrachte.

Über den Lotus-Chef sagte Mosley: “Er war in mehreren Bereichen des Motorsports auf einzigartige Weise talentiert und ein großartiger Gesellschafter. Zusammen mit anderen Formel 1-Leuten fuhren wir zum Beispiel jedes Jahr zu den Skirennen nach Kitzbühel, auch um selbst etwas Ski zu fahren. Er war ein großer Spaßvogel, der mit seinem Enthusiasmus alles wettmachte, was ihm an Können fehlte. Als er anfing, zu den FOCA-Meetings zu kommen, machte das einen großen Unterschied. Er hob das Niveau an und war eine große Hilfe.”

Der Elite war selbst für Chapman und Lotus ein revolutionäres Auto – die nachfolgenden Modelle mit Zentralrohrrahmen konnten da technologisch als Rückschritt bezeichnet werden. Der Elite Type 14 war das erste richtige Straßenauto des Unternehmens, und wie Enzo Ferrari vor ihm unternahm auch Chapman seinen Ausflug in die Welt der Straßenautos in erster Linie, um seine Rennaktivitäten zu finanzieren.

Wer sich mit der Geschichte von Lotus auskennt, weiß, dass der Elite eigentlich der Type 13 gewesen wäre, wenn die Rennsportgemeinde weniger abergläubisch gewesen wäre.

Natürlich war Chapman bei weitem nicht der einzige Ingenieur, der die Möglichkeiten der Glasfaser nutzte, die damals die gesamte Spezialindustrie der Automobilwelt beflügelte. Aber nur wenige hatten genug Vertrauen, um das Material für ein komplettes Monocoque zu verwenden. Man stelle sich vor: Das Differenzial ist direkt mit einem Kunststoffboden aus den 1950er-Jahren verschraubt, der Motor wird in einem dreieckigen Käfig gehalten, der mit dem GFK-Monocoque verschraubt ist.

Text: James Eliott // Fotos: Dean Smith // Bearbeitung: Christel Flexney

Die ganze Geschichte des Lotus Elite und seines prominenten Erstbesitzers lesen Sie in OCTANE #60

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