Moderne Klassiker

Der letzte Versuch

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Nach dem Erfolg der Audi-Studie “Le Mans Quattro” war der Supersportwagen beschlossene Sache. Doch erst mit dem Zehnzylinder bekam der Ingolstädter Held Druck unter die Haube und mit der GT- Version eine Speerspitze.

Audi hatte ab 2000 einen Lauf, wie man so schön sagt. Ferdinand Piëch hatte die Marke ab 1988 zur High-Tech-Marke aufgebaut, seine Nachfolger profitierten von vielen Entwicklungen wie den leistungsstarken Diesel-Motoren und dem Aluminium-Rohbau. Von 2000 bis 2005 siegte Audi fünfmal in Le Mans mit dem R8. Er wurde zur Vorlage für den gleichnamigen Straßen-Sportwagen, der als Studie “Le Mans Quattro” 2003 erstmals vorgestellt wurde. Ab 2007 wurde dann die erste Version mit dem V8-Motor aus dem RS4 angeboten.

Die Erwartungen waren hoch, schüttelte Audi mit dem R8 doch endgültig das betuliche Image ab, nachdem Technik und Design von Jahr zu Jahr mehr gefeiert wurden. Trotzdem konnte die V8-Version die Erwartungen nicht ganz erfüllen. Zwar sah das Auto spektakulär aus und der Singleframe-Grill war damals noch neu und aufregend. Doch 420 PS bei mehr als 1600 Kilo Gewicht reichten nicht aus, um dem Claim vom “Hochleistungssportwagen” gerecht zu werden. Auch der Mix aus Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit passte nicht wirklich zum Anspruch einer Fahrmaschine, die immerhin knapp die 300-km/h-Grenze knacken konnte.


Es gab nur vier Farben für den GT: Samoaorange, Eissilber, Phantomschwarz und Suzukagrau.

Audi legte zwei Jahre später nach und präsentierte zugleich eine attraktive Spyder-Version plus einen Zehnzylinder. Den Motor, den es seit 2006 im S6 und ab 2008 bei Audis Markenschwester Lamborghini Gallardo gab. Dort leistete er 560 PS, der R8 musste sich mit 525 PS zufrieden geben. Immerhin, der Unter- schied vom V8 zum V10 war erheblich und die satten 100 Mehr-PS machten aus dem R8 endlich einen Supersportwagen.

Der stieß zwar keinen Urschrei aus wie im raubeinigen Lambo, sondern brabbelte im Audi vergleichsweise friedlich vor sich hin. Doch er hatte jenen Punch, der die oberste Sportwagen-Liga auszeichnet. Der einen aus dem Stand in unter vier Sekunden auf 100 kata- pultiert. Und mit 316 km/h klar und deutlich die Latte riss.

Dazu gab es Schaltwippen am Lenkrad für die sequenzielle Schaltung, denn ein ausreichend starkes Doppelkupplungsgetriebe war damals nicht verfügbar. Allradantrieb gab es wie bisher sowie eine wunderbar direkte Lenkung. Auf Wunsch konnte man noch in Karbon, Keramikbremsen und Schalensitze investieren, was den Preis auf weit über 160.000 Euro trieb. Da war es fast nur konsequent, diese gern genommenen Gadgets im Paket anzubieten und als R8 GT zu vermarkten.

Der erschien im Mai 2010 und war auf 333 Stück begrenzt. Quasi ein Leckerbissen für jene Kunden, die das Vollprogramm haben wollten und auch bei knapp 200.000 Euro noch nicht schluckten. Da der Lebenszyklus für das Modell bereits halb aufgezehrt war, setzte die schöne Sonderedition das Modell noch einmal in Szene. Der V10 wurde mit 560 PS angeboten, womit Gleichstand zum Lamborghini Gallardo entstand.


Bis 350 reicht der Tacho, so viel Power war aber nicht an Bord, bei 320 war Schluss.

Weil das Modell auch für die Rennstrecke tauglich sein sollte, wurden 100 Kilo abgespeckt. Unter anderem durch dünneres Glas und Blech, kohlefaserverstärkten Kunststoff rundum, eine leichtere Batterie und Schalensitze. Leider schlugen sich die Bemühungen nicht komplett nieder, unterm Strich waren es dann nicht ganz 100 Kilo weniger.

Aber die Ingolstädter Wasabi-Kur kam an: leichter, schneller, stärker – die 333 Exklusiv-Exemplare mit dem markanten, feststehenden Heckflügel waren die ultimative Speerspitze der Baureihe und folgerichtig mehr oder weniger auf einen Schlag verkauft. So ist das bei Neoklassikern, bei denen das Sammler-Potenzial wie auf dem Silbertablett serviert wird.

Damit auch niemand vergisst, dass er im R8 GT sitzt, haben die Designer das kleine GT-Logo reichlich am und im Auto verteilt. Es klebt außen an beiden Kotflügeln und leuchtet im weiß unterleg- ten Kombi-Instrument auf dem Schaltwahlhebel, der zugleich die individuelle Seriennummer des GT trägt. In den Schwellern sind die Einstiegsleisten aus Aluminium natürlich ebenfalls mit dem R8-GT-Logo verziert und – wie könnte es anders sein – in die unvermeidlichen Fußmatten und die Alcantara-Sitzbezüge haben die Ringgeister den exklusiven Schriftzug eingestickt.

Text: Ulrich Safferling // Fotos: SML CarGroup

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