Ferrari Dino 246 V8
Szene

Mein Mann, seine Geliebte und ich

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Ferrari 365 GTB /4 Daytona


OCTANE#15

 

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Text Danielle Butler // Fotos Lucile Pillet und Rémi Dargegen

ICH BIN GERADE VON EINEM WOCHENENDTRIP NACH FRANKREICH MIT MEINEM MANN UND SEINER GELIEBTEN ZURÜCKGEKOMMEN. ICH MAG SEINE GELIEBTE. SEHR SOGAR. SIE IST ZWAR LAUT UND ICH HASSE IHR AUFDRINGLICHES PARFÜM, ABER SIE IST AUSGESPROCHEN SCHÖN, GERADEZU ATEMBERAUBEND – SIE IST EIN FERRARI 365 GTB/4

Sie verschafft uns Zugang zu allen möglichen aufregenden Veranstaltungen. Die Leute wollen sie einfach nur sehen. Besser noch kennenlernen. Dann schwärmt jeder, wie sie aussieht: bezaubernd, ausgezeichnet, überwältigend, wertvoll, kraftstrotzend. Mir macht das nichts aus. Frustriert bin ich nur, wenn sie sich von ihrer launischen Seite zeigt. Wenn sie gereizt ist, ist keiner glücklich. Aber meist verbreitet sie gute Laune und da sie schon mein Schwiegervater besaß, gehört sie zur Familie. Vielleicht sollte ich gestehen, dass es sich bei der Geliebten meines Mannes um einen roten Ferrari 365 GTB/4 Daytona von 1973 handelt.

Vielleicht haben Sie schon mal von ihm, sorry, von ihr, gehört. Schließlich ist sie eine kleine Berühmtheit. Es macht mir nichts aus, dass mein Mann so verliebt ist, denn durch sie kommen wir, wie bereits erwähnt, in den Genuss außergewöhnlicher Events. Im Oktober 2014 haben wir an den Journées d’Automne (Herbsttagen) in der Champagne teilgenommen.

DER FERRARI 365 GTB/4 DAYTONA IST DIE EINTRITTSKARTE ZU VIELEN SCHÖNEN EVENTS

Die Journées d’Automne sind etwas Besonderes. Den Auftakt dieses Wochenendes macht ein zwangloses Dinner am Freitag, der Samstag wird mit dem Ausloten der automobilen Grenzen auf der Rennstrecke verbracht, gefolgt von einem wunderbaren Essen am Abend in den Ruinen einer namenlosen Burg aus dem 13. Jahrhundert, und den Abschluss bildet ein Konvoi durch die liebliche Landschaft am Sonntag. Immer mit dabei: mein französischer Freund Veuve Clicquot.

Armaturenbrett des Ferrari 365 GTB/4 Daytona
Frauenrennen mit der Geliebten? Leider nicht, der Daytona ist nicht für Rennen versichert und Danielle Butler nur dafür, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen.

Diesmal haben wir den Freitagabend und den halben Samstag verpasst. Das war teilweise meine Schuld (Arbeit) und teilweise die der Geliebten (Panne im Kanaltunnel). Der Fahrer des Abschleppwagens half uns zweimal, die Geliebte mit Überbrückungskabel ans Laufen zu bekommen, und wir fanden eine Werkstatt. Dort sprang sie ohne Überredungskünste beim ersten Versuch an.

Fortan benahm sie sich ordentlich und brachte uns sicher zum Circuit des Ecuyers, wo mich einer der Organisatoren, Étienne, mit der Frage überfiel, ob ich am Frauenrennen teilnehmen wollte – worauf mein Mann mit unterdrückter Panik und ich mit Heiterkeit reagierte. Allerdings: Die Geliebte ist für Rennstrecken nicht versichert und ich nur dafür, dass ich auf dem Beifahrersitz Platz nehme und die Karte lese. Ich bin nicht mit der Liebe zu Autos aufgewachsen, ich habe reingeheiratet.

DIE GELIEBTE MEINES MANNES GEHÖRTE SCHON MEINEM SCHWIEGERVATER UND IST DAHER TEIL DER FAMILIE

Ich wünschte, ich wäre eine von diesen Frauen, die all die verschiedenen Modelle samt Historie und technischer Daten kennen, aber das bin ich nicht. Ich will einfach nur ihre Schönheit bewundern. Von der Strecke fuhren wir zurück zu unserer Unterkunft, um uns fürs Dinner zurechtzumachen. Wir waren bei Freunden einquartiert: bei Jonny und seinem Vater Mark, der einen blauen Alfa Romeo GTV fährt, und deren Freunden Richard und Mandy, die einen silbernen Morgan Plus 8 besitzen. Ich mag beide Autos. Doch der Morgan gefällt mir besser.

Nachdem wir die Kleidungsstücke gefunden hatten, die am wenigsten nach Benzin rochen, ging es hinüber zum Château de Nesles, wo wir mit Champagner begrüßt wurden. Mein Glas war nie leer – es hat auch etwas für sich, nicht als Fahrer eines Ferraris versichert zu sein. Die Geliebte strahlte unter all den Stars und verhielt sich, obwohl umgeben von Autos, die fast so schön waren wie sie, sehr artig.

ICH BIN NICHT MIT DER LIEBE ZU AUTOS AUFGEWACHSEN, ICH HABE REINGEHEIRATET

Am nächsten Morgen starteten wir relativ früh von Fère­en­Tardenois aus zu unserer Orientierungsfahrt. Die auf dem Marktplatz aufgereihten Oldtimer sorgten bei den Einheimischen für ziemlich viel Aufsehen. Dann erhielten wir unsere Streckenbücher, mithilfe derer ich dafür sorgte, dass wir auf unserem Weg durch die Champagne nicht verloren gingen. Mark wollte natürlich gerne in der Geliebten mitfahren, also stieg ich bei unserem ersten Stopp im mittelalterlichen Laon zu Jonny ins Auto.

Im Alfa ging es dann etwas holpriger zu. Nach einer ziemlich beängstigenden Fahrt über eine kleine Nebenstraße voller Schlaglöcher beendeten wir unseren Sonntagmorgentrip, um unserem Mittagessen im Château de Courcelles entgegenzufahren. Während ich wieder einmal am Champagner nippte, bugsierte mein Mann seine Geliebte gut sichtbar an die Seite eines weiteren wunderschönen Daytona, einen schwarzen. Die beiden Autos nebeneinander – was für ein fantastischer Anblick!


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