MGB Frontalansicht
Klassiker

Wie der MGB zur Legende wurde

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Text Keith Adams

»ICH WAR SEHR ZUFRIEDEN MIT DEM MGB, WEIL ICH VON DER ERSTEN BIS ZUR LETZTEN MINUTE DARAN GEARBEITET HABE UND WEIL WIR EIN TOLLES TEAM HATTEN, OHNE DAS ER NIE ZUSTANDE GEKOMMEN WÄRE«, SAGT DON HAYTER, DER DESIGNER DES BESTVERKAUFTEN BRITISCHEN SPORTWAGENS.

Als die Macher der MG-Fabrik in Abingdon nahe Oxford über einen Nachfolger für den MGA diskutierten, dachten sie nicht im Entferntesten daran, eine der langlebigsten Legenden der automobilen Klassikerszene zu erschaffen. Magie ist etwas, das einfach passiert, und so war es auch, als MG in einer Atmosphäre des Sich-behelfen-Müssens den B aus dem Boden stampfte.

Im August 1962 kam er auf den Markt – ein Roadster mit guter Technik und hohem Spaßfaktor. Die Geschichte des B ist ähnlich simpel. Sie reflektiert den Genius des Managements, der Ingenieure und der Designer, die ihn schufen. Damals war John Thornley oberster MG-Boss, ein scharfsinniger Mann, der nicht nur sein Team gut führte, sondern auch wusste, wie man mit den Chefs der Muttergesellschaft British Motor Corporation, Leonard Lord und George Harriman, umzugehen hatte. Anders ausgedrückt: Er wusste, was für ein Auto MG bauen musste und wie er es verwirklichen konnte. Seine Mannschaft war erstklassig. Chefingenieur Syd Enever überwachte das Projekt, und der Chef-Designer Don Hayter entwarf die Karosserie. »Ich habe jede einzelne Linie persönlich gezeichnet«, sagt er.

Cockpit des MGB
Der Vorgänger MGA war weniger geräumig und gemütlich – das sollte sich beim MGB ändern, um auch den weniger ehrgeizigen Sportwagenkäufer zu ködern.

Der Grund hinter der Entstehung des MGB – der intern den Codenamen EX214 trug, später aber als ADO23 in den Modellplänen von BMC stand – war ein einfacher: die Ablösung des MGA, der über 100.000 Mal verkauft worden war, aber laut Thornley ein nicht gut durchdachtes Produkt darstellte, mit dem man überstürzt in Produktion gegangen war. Nichtsdestotrotz war er ein wunderschöner Wagen. Aber er war weder geräumig noch gemütlich genug für den weniger ehrgeizigen Sportwagenkäufer, und er hatte im Triumph TR4 und im Sunbeam Alpine starke Konkurrenten. Um das Pendel wieder für den MG ausschlagen zu lassen, musste der EX214 geräumiger, schneller, attraktiver und einfacher zu bauen sein.

WARUM DAS RAD NEU ERFINDEN? DER MGB ROADSTER WAR EINE GELUNGENE KOMBINATION AUS VERSCHIEDENEN EINFLÜSSEN.

Mit diesem Ziel vor Augen baute Enever ein komplett neues Monocoque (das erste für MG, der Midget war ursprünglich ein Austin-Healey), das dann von Don Hayter nach den damaligen Vorstellungen modern gestylt wurde. Und der zog alle Register. »Wir haben uns an Stylings von Jaguar, Lancia, Ferrari und Chevrolet orientiert und uns auch Ideen von Karosseriebauern wie Frua und Farina geholt«, sagt er. Das, was die Welt 1962 zu Gesicht bekam, war eine gelungene Kombination aus all diesen verschiedenen Einflüssen.

Man nahm einen BMC-B-Motor. Vom MGA übernommen wurden auch die Einzelradaufhängung vorn und die Zahnstangenlenkung. Als die englische Zeitschrift Autocar den MGB testete, schrieb sie anschließend ein positives, wenn auch etwas steifes Resümee. »MG legt immer viel Wert auf die Sicherheit seiner Autos, und dieses Modell genügt zweifellos den hohen Ansprüchen, was Bodenhaftung, Lenkung, Bremsen und Fahrverhalten angeht.«

Na dann los. Mit geöffnetem Verdeck auf der richtigen Straße, bei richtigem Wetter gibt es an einem frühen MGB – mit den beliebten »Pull-handle«-Türgriffen (Knöpfe zum Drücken gab es erst ab 1965) – wenig auszusetzen. Mit seinen tiefen Sitzen, dem aufrechten Lenkrad und dem polternden und überraschend drehfreudigen Motor mit seinen drei Hauptlagern ist der MGB ein Auto mit großem Feel-good-Faktor. Wenn man ihn allerdings drischt, findet man bei der Standardversion alle möglichen Mängel: Untersteuern und Übersteuern können in ein und derselben Kurve auftreten, wenn man sich tollpatschig anstellt. Aber mal ehrlich: Um so etwas geht es doch bei einem MGB nicht.

GEHT MAN ES GEMÜTLICHER AN UND LÄSST MAN DEN WAGEN SEIN NATÜRLICHES TEMPO FINDEN, SODASS MAN DIE LANDSCHAFT GENIESSEN KANN, DANN IST DIE WELT IN ORDNUNG.

Wen interessiert es, dass der Motor kaum auf 160 Sachen kommt? Das einzige Problem, das MG mit dem B hatte, war, dass die Fabrik in Abingdon ihn nicht schnell genug produzieren konnte. Der Verkauf, speziell in den USA, lief schnell an – im ersten Jahr wurden 16.391 Stück gebaut, Tendenz steigend. 1970 und ’71 wurde mit 40.421 Stück der Höhepunkt der Produktion erreicht. Die Geschichte sollte zeigen: der einfache MGB Roadster von 1962 war – und blieb – der schönste von allen. Der MGB erzielte in seinen diversen Modifikationen bis zum Schluss beachtliche Verkaufszahlen. Der letzte rollte am 23. Oktober 1980 vom Band, nach 514.852 produzierten Exemplaren.


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