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Klassiker

Lotus 56 – Der Gasturbinen-Rennwagen mit Allradantrieb

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Der allradangetriebene Gasturbinen-Rennwagen Lotus 56 war ein kontroverser Indycar-Racer. Dies ist die Geschichte des Wagens von Graham Hill.

500 MEILEN VON INDIANAPOLIS von 1968: Die Zuschauer in Turn 2 springen geschlossen von ihren Sitzen, als der Lotus 56 von Graham Hill auf Platz vier liegend in die Mauer kracht. Damit ist eine Wiederholung seines märchenhaften Sieges von 1966 Makulatur – Ausfall in Runde 111 nach Aufhängungsbruch vorn rechts. Zum Glück bleibt der Brite unverletzt, und ein weiterer Lotus führt das Rennen ja noch an, ein dritter liegt in den Top Ten.

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Graham Hills heißer Arbeitsplatz.
Mit Clive Chapman und Lewis Cullington von Classic Team Lotus stellen die Mechaniker von damals das Gruppenfoto von 1968 nach.

Es geht in die Schlussphase, die Spannung ist auf dem Siedepunkt, als nach einer längeren Safety-Car-Phase und mit noch neun Runden Restdistanz das Rennen wieder freigegeben wird. Fast unmittelbar danach rollt der führende 56 von Joe Leonard antriebslos aus, nur kurz darauf ereilt das siebtplatzierte Schwesterauto von Art Pollard das gleiche Schicksal.

Dick Scammell, damals Chef der Lotus-Mechaniker-Crew, beschreibt diese Szenen als den vielleicht bittersten Moment seiner Karriere. »Das war mein absoluter Tiefpunkt. Wir hatten das Rennen im Sack, und dann fielen die beiden verbliebenen Autos kurz nacheinander aus.«

Die Lotus 56 polarisierten Fans und Fachwelt. Für die einen war es nur gerecht, dass sie ausfielen. Für die anderen war es eine krachende Enttäuschung. Die Ursachenforschung ergab identische Brüche der Hohlwelle zwischen der Pratt & Whitney-Turbine und der Benzinpumpe. Spätere Analysen erhärteten den Verdacht, dass eine Kombination aus der langen Gelbphase – welche die Kühlung der Pumpe beeinflusste – und der Betankung mit normalem Superbenzin zum Festfressen der Pumpen und Bruch der Wellen geführt hatten.

Arthur »Butty« Birchall, einer der Mechaniker am Lotus von Hill, führt die Defekte auf die Entschei- dung zurück, die Turbinen statt mit Flugbenzin mit handelsüblichem Treibstoff zu betanken. Andy Granatelli, Chef des Teamsponsors STP, bestand auf dem Einsatz seines STP Mineralöladditivs, das dem bleifreien Benzin zugesetzt wurde. Das JP4/JP5 Flugbenzin war selbstschmierend, während das Benzin dazu neigte, den Schmierstoff auszuwaschen.

Nach dem Rennen kam dann noch heraus, dass Hills Auto mit einer stabileren und von Birchell selbst angefertigten Verbindungswelle aus Stahl statt Phosporbronze ausgerüstet worden war. Ohne seinen Crash hätte der alte Hase vielleicht das Rennen gewonnen…

Das Lotus 56 Projekt war das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen Lotus-Boss Colin Chapman und Granatelli. Schon mit seinen Mittelmotorwagen hatte Chapman den alten Frontmotor-Roadstern in Indianapolis den Todesstoß versetzt, mit STP als Sponsor bei den Rennen von 1966 und 1967. Und mit dem Beinahe-Sieg der allradangetriebenen STP Paxton Turbine beim Rennen von 1967 hatte auch Granatelli das Establishment erschüttert.

……

Text   Michael Oliver  Bearbeitung   Thomas Imhof


OCTANE#35

 

Die ganze Story finden Sie in OCTANE Ausgabe 35

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