Legenden & Ikonen

Ikone: B-52 Strato Fortress

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Sie ist seit fast 70 Jahren im Dienst der US Air Force und noch ist kein Ende ihrer Dienstzeit in Sicht. Damit ist die Boeing B-52 praktisch ein Anachronismus in der Luftfahrt.

Wenn alles nach Plan läuft, wird es im Jahr 2052 auf irgendeinem amerikanischen Luftwaffenstützpunkt – oder auch zweien – eine Feier zum 100-jährigen Dienstjubiläum der Boeing B-52 Stratofortress geben. Man lasse sich das mal auf der Zunge zergehen. Die Vorstellung, etwas so Kompliziertes wie ein strategischer Bomber könnte ein Jahrhundert lang auf der Bildfläche halten, will in eine von immer schneller werdender technischer Redundanz geprägte Welt so gar nicht passen. Aber so ist der Plan.

Als der Zweite Weltkrieg sich dem Ende neigte, erkannte das US-Militär die Notwendigkeit eines Bombers mit extrem hoher Reichweite, der sein Ziel von den USA aus erreichen konnte. Boeing, Consolidated Aircraft und die Glenn Martin Company wurden um Angebote gebeten, den Auftrag zog schließlich Boeing an Land. Da die US-Regierung ihre Anforderungen im Laufe der Jahre immer wieder änderte, entwickelte sich aus Boeings anfänglichem Vorschlag einer Propellermaschine mit geraden Tragflächen nach langem Hin und Her ein Düsenflugzeug mit Pfeilflügeln. Im Februar 1951 erging ein Auftrag über die Produktion von 13 B-52. Der Prototyp mit der Bezeichnung YB-52 hob am 15. April 1952 erstmals ab.

Insgesamt lieferte Boeing im Laufe der Jahre 744 Exemplare der B-52 in verschiedenen Versionen an die US Air Force. Die letzte im Jahr 1962, womit die jüngste dieser noch im Dienst befindlichen Flugzeugzellen doppelt so alt ist wie das Durchschnittsalter der heutigen Besatzungsmitglieder.Noch 94 sollen heute im Einsatz sein.

Diese jüngste Version, die B-52H, hat eine Reichweite von 15.000 Kilometern und kann ein Gewicht von 31.750 Kilogramm transportieren. Sie ist das einzige noch im Dienst stehende Düsenflugzeug, das von acht Motoren angetrieben wird: Zur Zeit noch von Zweiwellen-Turbofan-Triebwerken von Pratt & Whitney mit einem Schub von 75,62 Kilonewton pro Motor. 

Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges waren von 1961 bis 1968 im Rahmen der »Operation Chrome Dome« bis zu ein Dutzend mit thermonuklearen Bomben bewaffnete B-52 im Dauereinsatz über der Grenze zur damaligen Sowjetunion. Zum Glück mussten sie ihre Ladung nicht abwerfen, aber bei Flugunfällen mit der B-52 kam es in mindestens sechs Fällen zu einem ungewollten Absturz von Atomwaffen auf die USA und Spanien.

Mit der Einführung von Interkontinentalraketen endete die Operation Chrome Dome und die Rolle der B-52 als Abschreckungsflugzeug. Danach kam sie in allen Kriegen der Vereinigten Staaten als herkömmlicher Bomber zum Einsatz. Am bekanntesten war ihre Rolle in der »Operation Menu«, der Bombardierung Kambodschas während des Vietnamkriegs. Dort übertraf ihre Abwurfmenge alle im Zweiten Weltkrieg auf Japan abgeworfenen Geschosse – einschließlich der Atombomben – um eine Million Tonnen.

Ein Gefühl dafür, wie es ist, mit einer B-52 in den Kampf zu ziehen, bekommt man am besten in Stanley Kubricks Satire über den Kalten Krieg »Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben«. Durch die Geschicklichkeit ihres Piloten gelingt es einer B-52, die eine Rückrufnachricht nicht erhalten hat, die russische Abwehr zu umgehen und ihre Atombombe abzuwerfen – mit dem Stetson-schwingenden und in Jubelschreie ausbrechenden Piloten rittlings auf der Bombe.

Die Bezeichnung B-52 hielt in den 1960er-Jahren sogar Einzug in die amerikanische Populärkultur. Sie wurde zum Spitznamen für die extrem hochtoupierte, konisch zulaufende Damenfrisur, die an die Nase des Bombers erinnerte – und wegen genau dieser Form auch unter dem Namen »Beehive«, also Bienenstock, bekannt war. Eine Generation später gab sich eine aufstrebende New-Wave-Band aus Georgia, deren weibliche Mitglieder eine Beehive-Frisur trugen, den Namen »The B-52’s«. Diese wiederum inspirierte einen kanadischen Barmann, der seinen Cocktails die Namen seiner Lieblingsbands gab, dazu, seine neueste Pousse-Café-Kreation »B52« zu nennen.

Der »gebaute« statt geschüttelte Cocktail war ein großer Erfolg und später auch in drei verschiedenen Abwandlungen zu haben: als »B52 with a Mexican Tailgunner« mit Tequila, als »B52 with Bom Bay Doors« mit indischem Gin oder als »B52 with a Full Payload« mit weißem Rum. Vorsicht! Drinks, die nach einem Nuklearbomber benannt sind, haben eine enorme Schlagkraft.

Lesen Sie die Story der B-52 in OCTANE #51

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