Octane Edition 05 Alfa Romeo Formel 1 Mai 1950 Nino Farina Gewinnt Das Erste Formel 1 Rennen In Silverstone
Klassiker Szene

Die Legende lebt – Alfa Romeo in der Formel 1

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Die Geschichte von Alfa Romeo in der Formel 1 ist reich an Triumphen, Leiden und Hoffnung. Wieder einmal.

Der 13. Mai 1950 war ein sonniger, warmer Tag in Silverstone, der Rennstrecke, die sich dem Layout des ehemaligen WWII Flughafens geschickt angepasst hatte und sich später dank einer immer größeren Popularität selbst zum »Home of British Motorsport« proklamieren sollte. 150.000 Zuschauer drängten sich entlang der 4,7 Kilometer langen Strecke. Die Royal Family hatte auf der geschmückten Ehrentribüne an der Hangar Straight Platz genommen. Etwas Außerordentliches sollte hier, fünf Jahre nach Kriegsende, stattfinden: die Wiederbelebung des Grand Prix Sports – verknüpft mit einer Weltmeisterschaft für Fahrer!

Drei Jahre zuvor hatte die Weltmotorsportbehörde FIA für die erstmals »Formel 1« genannte höchste Klasse des Motorsports ein Regelwerk verabschiedet. Saugmotoren durften einen Hubraum von 4500 ccm, aufgeladene Motoren einen von 1500 ccm nicht überschreiten. Ein Gewichtslimit gab es nicht, so wenig wie irgendwelche Anforderungen an Sicherheitseinrichtungen. Anforderungen an Sicherheitseinrichtungen? Fehlanzeige.

Octane Edition 05 Alfa Romeo Formel 1 Farina Im Tipo 158 Beim GP Von England In Silverstone 1950
»Nino« Farina war 1950 in Silverstone der erste Sieger der neuen Formel 1.

Die schon kurz nach Kriegsende vereinzelnd wieder abgehaltenen Grand Prix-Rennen ließen Kontinuität erkennen: Die Fahrer hatten bereits Lorbeeren vor dem Krieg gesammelt und die eingesetzten Rennwagen waren geringfügig modifizierte Vorkriegsautos. Der Alfa Romeo Tipo 158D, abgeleitet von dem bereits 1937/1938 entwickelten 158 fiel aber durch seine Dominanz in den Jahren 1946-1948 besonders auf. Nach einem Jahr Rennabstinenz sollte heute hier in Silverstone der erneut verbesserte Tipo 158 an den Start gehen. Ursprünglich leistete der Achtzylinder-Reihenmotor 195 PS bei 7200 Touren. In der englischen Presse liest man aber nun von fast 350 PS bei 8500 Umdrehungen! Schon im Qualifying ließen die drei großen »F«, Fangio, Farina und Fagioli sowie zur großen Freude der heimischen Zuschauer auch der Lokalmatador Reg Parnell erkennen, dass die ersten Zeilen im Geschichtsbuch der Formel 1 von Alfa Romeo geschrieben werden.

Die erste Startreihe wird von den vier Alfa Romeo eingenommen. Die Plätze danach besetzen Maserati 4CL, Talbot Lago L26C, Alta und ERA. Mit Ausnahme von Talbot vertrauen alle Hersteller den leistungsstarken, aber spritfressenden 1,5-Liter-Kompressor-Motoren – nur Talbot Lago tritt mit einem 4,5 Liter großen Sauger an.

 

Nach dem Fallen der Startflagge stürmen die Wagen in Richtung Stowe, Farina an der Spitze gefolgt von Fagioli und Fangio. In der 62. Runde ist nach häufigen Führungswechseln zwischen den Alfa Piloten das Rennen entschieden: Fangio hebt die Hand, um den nachfolgenden Fahrern zu signalisieren: für ihn ist das Rennen zu Ende. Mit einer Ölleckage rollt er am Streckenrand aus. Acht Runden später wird Farina in seinem Alfa Romeo 158 als Sieger abgewunken – 2,5 Sekunden vor seinem Teamgefährten Fagioli, aber zwei Runden vor Yves Giraud-Cabantous in einem Talbot Lago. Alfa Romeo belegt nach den ersten vier Plätzen im Qualifying und der schnellsten Rennrunde (Farina) im ersten Lauf zur neuen Formel-1-Fahrerweltmeisterschaft die Plätze 1 bis 3 und deklassiert alle anderen Markenteams und Privatfahrer. Auf dem Podium nehmen »Nino« Farina, Luigi Fagioli und Reg Parnell erschöpft, verschwitzt und ölverschmiert die Glückwünsche von König Georg VI. entgegen.

Welch eine Rückkehr in die höchste Klasse des Motorsports!

Octane Edition 05 Alfa Romeo Formel 1 Tipo 179 Beim GP Von Monaco 1981
Mario Andretti beim GP von Monaco 1981 im Tipo 179C mit Zwölfzylinder-Sauger.

1976 öffnete wieder ein »window of opportunity«: Carlo Chiti hatte Mitte der 70er-Jahre einen flachen Drei-Liter-Zwölfzylinder (180°) Motor mit gut 500 PS (Tipo 115-12) für den Sportwagen Tipo 33TT12 entwickelt. Schon als Teameigner von Brabham bewies Bernie Ecclestone, dass er über größtes kaufmännisches Geschick verfügte. Für die DFV-Motoren von Ford mussten die Teams Leasinggebühren bezahlen. Mr. Ecclestone jedoch bekam seine 115-12 Motoren von Alfa kostenlos! Vermutlich war Alfa Romeo zu diesem Zeitpunkt bereit, diesen Preis für die weitere Mitwirkung in der Königsklasse des Motorsports zu zahlen. Der Motor erwies sich allerdings als recht schwer, durstig und aufgrund seines Raumbedarfs im Brabham-Chassis als wenig wartungsfreundlich. Zum Kerzenwechsel musste der Motor ausgebaut werden. Der üppige Spritverbrauch erforderte vier Zusatztanks, um die knapp über 200 Liter pro Rennen im Auto unterzubringen.

War Brabham in der Saison 1975 mit dem Cosworth-Motor recht erfolgreich unterwegs (zwei Siege, diverse Podiumsplätze und Platz zwei in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft), fand sich das Team ein Jahr später mit dem Alfa-Motor auf dem neunten Platz wieder. 1977 konnte die Leistungsfähigkeit der Chassis/Motor-Kombination immer wieder einmal unter Beweis gestellt werden. »Strietzel« Stuck gelang es, den Wagen immerhin zweimal auf Platz drei (Hockenheim und Österreichring) und insgesamt fünfmal in die Punkteränge zu fahren. Dennoch war die Zuverlässigkeit sehr erratisch. Wobei nicht immer der Alfa-Motor Ausfallursache war. In Watkins Glen führte Stuck (im Regen) bis zur 14. Runde souverän, bis ihn ein gebrochenes Kupplungskabel aus dem Rennen warf. Und in Hockenheim lief der Tank auf der Zielgeraden leer, ohne Alfa-Power rollte er auf Platz drei. Den 1977 neu zum Team gestoßenen John Watson traf es noch schlimmer: in 17 Rennen sah er nur fünfmal die Zielflagge, obgleich er nach dem Qualifying bei fast allen Rennen auf einer Top-Ten-Startposition stand.

Text Wolfgang Kurth  Fotos Museo Alfa Romeo

Lesen Sie die ganze Geschichte von Alfa Romeo in der Formel 1 in der OCTANE Edition #05 ALFA ROMEO

 

OCTANE Edition #05 Alfa Romeo

 

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