#41, Giotto Bizzarrini, 5300GT, Guy Berrymen
Klassiker

Bizzarini 5300 GT – Das Meisterstück

Vorherige Story
Nächste Story

Guy Berryman, der autobegeisterte Bassist der britischen Rockband »Coldplay«, gab die Restaurierung dieses traumhaften Bizzarrini 5300 GT in Auftrag. OCTANE durfte das beeindruckende Resultat fahren.

Giotto Bizzarrini war Ingenieur und geübter Testfahrer – und Vater des Ferrari 250 GTO. Nach seinem Rausschmiss bei Ferrari entwarf er unter eigenem Namen den Bizzarrini 5300 GT und nannte ihn GTO 2.0. Der Wagen war für den Renneinsatz gedacht, doch in der Strada-Version lässt er auch einen eiskalten Tag in den englischen Cotswolds wie einen lauen Sommerabend in Le Mans erscheinen.

#41, Giotto Bizzarrini, 5300GT, Guy Berrymen
Im Profil duckt sich der 5300 GT geradezu zwischen den Rädern, so niedrig ist er.

Enzo Ferrari hatte Bizzarrini 1957 von Alfa Romeo abgeworben, und der Neuzugang war schon bald in seinem Element: Er entwarf, testete und perfektionierte Versuchssportwagen für den weltweiten GT-Rennsport. Er lebte und atmete Motorsport und hatte alle Freiheiten, um die Grenzen weiter zu verschieben. »Ferrari hat mir alles gegeben«, sagte Bizzarrini später einmal. »Die Mentalität, die Technik … sie gaben mir große Verantwortung ohne einen Kapitän, der mich herumkommandieren konnte.«

Bei allem, was wir über Enzo Ferrari wissen, fällt es schwer, sich diese Art von Freiheit vorzustellen. Später sollte Bizzarrini erfahren, dass sie genauso schnell entzogen werden konnte, wie sie erteilt worden war. Vor dem Zerwürfnis kam jedoch erst noch das Meisterwerk. 1960 begann Bizzarrini mit der Arbeit an einer radikalen Weiterentwicklung des 250 GT SWB, indem er im Windkanal der Universität von Pisa eine aerodynamischere Karosserie entwarf sowie den 3-Liter-V12 mit Trockensumpfschmierung absenkte und ihn weit hinter der Vorderachse platzierte. Der 250 GTO kam 1962 auf den Markt, und der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.

Was man bereits einige Monate zuvor von Bizzarrini selbst sagen konnte. Nach dem Rausswurf von Vertriebschef Girolamo Gardini von Enzo Ferrari schrieben Bizzarrini, Ingenieur Carlo Chiti, Teammanager Romolo Tavoni und einige andere einen Brief, in dem sie Gardini den Rücken stärkten. Im Oktober 1961 mussten auch sie Ferrari verlassen.

Man könnte leicht einen Wälzer wie »Krieg und Frieden« mit dem Leben und der Karriere von Giotto Bizzarrini füllen, insbesondere was diese turbulente Zeit angeht. In den folgenden Jahren ergaben sich mehrere Projekte, von ATS über die Scuderia Serenissima bis zur Beraterfunktion bei Lamborghini und der Zusammenarbeit mit Renzo Rivolta am Iso Grifo, einem imposanten Gran Turismo der alten Schule mit Frontmotor. Obwohl Rivolta kein Interesse am Motorsport hatte, versuchte Bizzarrini immer, das Projekt in Richtung seiner großen Passion zu steuern. Und nach dem Ausprobieren eines Prototyps hatte er den Antrieb für seinen nächsten Rennwagen gefunden: »Besonders mochte ich den Corvette-Motor. Er war den Ferrari-Motoren überlegen, hatte zwar dieselbe Leistung, aber ein besseres Ansprechverhalten.« Bizzarrini entwickelte den Grifo A3/L (L für »lusso«, also Luxus) und entwarf gleichzeitig eine etwas extremere Rennversion, den A3/C. Beide Autos debütierten auf dem Turiner Autosalon von 1963.

Wie er es schon beim GTO und dessen Motor gemacht hatte, konzentrierte Bizzarrini sich darauf, den 5,4-Liter-V8 so niedrig und so weit hinter der Vorderachse, wie es das Fahrwerk des A3/C zuließ, zu platzieren. Woraus dann später der hier abgebildete 5300 GT werden sollte. Das Monocoque-Fahrwerk und die De-Dion-Hinterachse lieferten Bizzarrini eine Basis, die der Ferrari- Plattform überlegen war, und so entstand am Ende – den V8 mal außen vor gelassen – aus technischer Sicht der natürliche Nachfolger des GTO.

Von Giorgio Giugiaro bei Bertone gestylt und in der Carrozzeria Sports Cars in Modena gebaut, war und ist der nur 110 Zentimeter hohe Wagen bis heute ein Meisterwerk der Technik und des Designs. Seinen Höhepunkt erlebte der Iso Grifo A3/C, als er 1965 in Le Mans den neunten Gesamtplatz holte – zu einer Zeit, als Bizzarrini schon dabei war, sich von Iso zu trennen und die Produktion des A3/C unter seinem eigenen Namen fortzusetzen. Er taufte den Wagen, sowohl die Straßen- als auch die Rennversion, kurzerhand in 5300 GT um. Bis zum Produktionsende 1968 wurden insgesamt 147 Exemplare des Iso Grifo A3/C und des Bizzarrini 5300 GT gebaut.

 

Text Jethro Bovingdon  // Fotos Tim Andrew // Bearbeitung Christel Flexney

Lesen Sie die ganze Geschichte in OCTANE #41


#41, Porsche 909, Aston Martin, Bugatti, Ford allardette, Abarth 595, BMW Z8, Bizzarrini

 

Diese Story finden Sie in OCTANE Ausgabe 41

HEFT BESTELLENABO BESTELLEN

 


 

Vorherige Story
Nächste Story

Das könnte Sie auch interessieren

0 Shares