#39, Alpine, M64, M63, Le Mans, Colin Chapman
Klassiker

Alpine M64 – Rache ist süss!

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Über ein halbes Jahrhundert nach seinem Sieg in Le Mans ist der Alpine M64 Prototyp, der von Alpine und Lotus gebaut wurde, um René Bonnet zu schlagen, wieder auf der Strecke.

Colin Chapman sann auf Rache. Seine Lotus 23 waren 1962 wegen angeblicher Sicherheitsmän- gel vom 24-Stunden-Rennen in Le Mans ausgeschlossen worden. Nachdem er sich geschworen hatte, nie wieder mit einem Werksauto in Le Mans anzutreten, richtete sich seine Wut gegen René Bonnet. In der Überzeugung, der französische Konstrukteur habe beim Automobile Club de l’Ouest gegen die Mittelmotor-Lotus protestiert, um zu verhindern, dass sie den »Index of Thermal Efficiency« gewinnen – einen Titel, auf den Bonnet selbst scharf war. Der französische Journalist Gérard »Jabby« Crombac schlug Chapman vor, seine Wut durch Unterstützung des Alpine-Gründers Jean Rédélé in kreative Bahnen zu lenken. Crombac wusste, dass Rédélé beabsichtigte, einen Leichtbau-Prototypen zu fertigen, um damit in den unteren Hubraumklassen in Le Mans anzutreten und – langfristig – den Gesamtsieg zu holen. Der Alpine M64 war das Ergebnis seiner Wut.

#39, Alpine, M64, M63, Le Mans, Colin Chapman
Mit der Alpine M64 konnten Jean Rädele und Colin Chapman 1964 den Klassensieg in Le Mans erfahren.

In Rédélé fand Chapman einen Geistesverwandten, der nicht nur seinen Ehrgeiz, Bonnet zu besiegen, teilte, sondern auch seine Philosophie. Wie Chapman war Rédélé davon überzeugt, dass Leistung am besten durch Gewichtsreduzierung zu erzielen war. Die beiden besprachen die technischen Details des geplanten Le Mans-Prototyps und Lotus stellte Alpine seine besten Ingenieure zur Verfügung.

Einer davon, Len Terry, konstruierte ein Fahrgestell ähnlich dem des letzten Lotus 23, doch das Design des »M63« genannten Autos entsprach nicht dem damaligen Le-Mans-Reglement. Rédélés Ingenieure machten die notwendigen Modifikationen und ergänzten den Rahmen um ein zentrales Rohr – ein bei Alpine gängiges Strukturelement. Gleichzeitig vereinbarte Rédélé mit Renault die Lieferung von Motoren über den französischen Rennstall Gordini. Und Alpines brillanter Aerodynamik-Ingenieur Marcel Hubert entwarf eine schlanke Glasfaserkarosserie.

Das Auto war von Beginn an erfolgreich. Mit José Rosinski und Lloyd Casner am Steuer holte ein M63 den Klassensieg beim 1000-km-Rennen am Nürburgring 1963. Doch dem Triumph folgte die Tragödie.

Für Le Mans im Juni 1963 waren drei M63 und sechs Fahrer gemeldet, doch kein einziger Alpine sah die Ziel- linie und nur fünf Fahrer überstanden den Renneinsatz. Der Brasilianer Christian Heins starb in seinem brennenden Auto, nachdem er versucht hatte, dem auf dem Dach liegenden Jaguar E-Type von Roy Salvadori und dem gestrandeten Bonnet Aérodjet LM6 von Jean-Pierre Manzon auszuweichen. Es war ein Desaster, doch Rédélé plante schon bald seine Rückkehr an die Sarthe. In der Alpine-Zentrale in Dieppe nahm ein Auto Gestalt an, das bei hoher Geschwindigkeit mehr Stabilität und ein wesentlich besseres Handling bot.

Achsstand und Spur des M63 (230 beziehungsweise 127 cm) blieben beim Nachfolger M64 unverändert, jedoch kehrten die Ingenieure zu einem Gitterrohrrahmen zurück, ähnlich wie ihn Len Terry ursprünglich vorgeschlagen hatte und der aus Molybdänstahlrohren zusammengeschweißt war. Das am Nürburgring so erfolgreiche Auto war alles andere als ein grobschlächtiger Brutalo gewesen, und dennoch verfeinerte Marcel Hubert sein Design, indem er es verkürzte und die Stirnfläche verkleinerte, um den Widerstandsbeiwert weiter zu reduzieren.

Der neue Wagen mit der Bezeichnung M64 erhielt einen von Gordini getunten, 1149 ccm großen Vierzylinder-Mittelmotor und wog am Ende 648 Kilogramm. Es war ein vielversprechendes Paket, aus dem Roger de Lageneste und Henry Morrogh 1964 in Le Mans das Beste herausholten: 292 Runden, 3920 zurückgelegte Kilometer, 162,5 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit und 13,5 Liter Benzinverbrauch auf 100 Kilometern. Das reichte für den 17. Gesamtplatz – und den Sieg im Index of Thermal Efficiency. Der beste Bonnet kam auf Rang 23, drei Plätze hinter einem Alpine M63. Mission bestens vollendet.

Text Mitch McCullough  Fotos Chris Szczypala, Tim Scott, Renault Communication      Bearbeitung  Christel Flexney


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