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40 Jahre Audi Urquattro

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Vor 40 Jahren präsentierte Audi den bahnbrechenden “quattro”. OCTANE reiste in die österreichischen Alpen, wo der erste Prototyp getestet worden war – begleitet von dem Militärfahrzeug, aus dem er hervorging.

Sieben Jahre ist es her, dass ich an der Seite von Hannu Mikkola mit einem Werks Gruppe-B-Audi quattro A2 an einer Etappe der Rallye Argentinien im patagonischen Bariloche teilgenommen habe. Damals feierte Mikkola das 30-Jährige Jubiläum seines Sieges bei dieser Rallye und des Gewinns der Rallye-Weltmeisterschaft 1983. Der Urquattro prägte den Rallyesport sechs Jahre lang, es war eine der aufregendsten Ären in der Geschichte des Motorsports.

Es ist kein Zufall, dass Audi sich in diesen 40 Jahren von dem kleinen, etwas gehobeneren Ableger des VW-Imperiums zu einem der weltweit größten Hersteller von Premiumfahrzeugen entwickelt hat. Aber: So seltsam es auch klingen mag, es ist zweifelhaft, ob Audi diesen Status erreicht hätte, ohne Autos zu bauen, die von einem militärischen Geländewagen inspiriert waren. Und genau dieses ursprüngliche Coupé mit seinem charaktervollen, unkonventionellen und atemberaubenden Fünfzylinder-Turbomotor wurde im Handumdrehen zur Ikone. Mit einem Schlag hatte Audi seinen eigenen 911er.

Mit dem Urquattro auf der Turracher Höhe, wo die ersten Tests stattfanden – ohne Winterreifen und Schneeketten

Und der militärische Geländewagen? Das war der VW Iltis, ein leichter Militärjeep auf Basis des DKW Munga, jenes Mehrzweck-Universal-Geländewagens mit Allradantrieb (und Zweitaktmotor), den die Vorläuferin der heutigen Audi AG, die Auto Union, von 1956 bis 1968 in Ingolstadt baute. Heute dient uns der Iltis als Begleiter für den herrlichen 1982er Ur-quattro in Lhasagrün.

Der 2,1-Liter-Fünfzylinder-Turbomotor macht seine Aufwartung mit einem charakteristischen Dröhnen. Der erste Gang ist leicht zu finden, wenn auch etwas schwergängig. Langsam setze ich mich auf der festen Schneedecke am Fuß der Skipiste in Bewegung. Nicht die leiseste Spur von Schlupf, wofür ich mich gerne bei den Winterreifen bedanke; denn viele winterbereifte Hecktriebler haben auf der geschlossenen Schneedecke ihre Mühe. Doch dieses Auto macht den Winter einfach, und daran hat auch die hochofenartige Heizung ihren Anteil: Sie beschert uns wohlig warme Füße.

Wenig aufregend sieht der Innenraum aus, aber die Vorlage lieferte ja auch der Audi 80

Schade, dass die Schaltung nicht etwas kooperativer ist. Besonders vom dritten zurück in den zweiten Gang ist sie recht störrisch (zu leicht landet man im vierten Gang), und manchmal kommt bei allzu rasantem Schalten die Synchronisierung nicht mit. Auch eine Pedalposition, die die Hacke- Spitze-Technik ermöglicht, wäre wünschenswert. Stattdessen ist man darauf angewiesen, so hart wie eben erforderlich zu bremsen, bevor man den hoffentlich richtigen Zeitpunkt fürs Herunterschalten und Gasgeben erwischt.

Für den Fall, dass man es versemmelt, eilt natürlich der Allradantrieb zu Hilfe. Mit diesem Auto die Haftung zu verlieren, ist so gut wie unmöglich, was nicht heißen soll, dass es ihm an Spritzigkeit mangelt. Langsam in eine Kurve hinein und schnell wieder hinaus führt zum Ausbrechen der Nase. Besser schnell hineinfahren und mit dem Einlenken vom Gas gehen, um die Linie zu straffen, dann vom Scheitelpunkt aus beschleunigen und den Turbo auf den Plan rufen – mit der Garantie für den Fahrer, dass sich bis zur nächsten Haarnadel ein lautes Johlen und ein breites Grinsen einstellen.

Der quattro eine Ikone? Selbstverständlich. Aber nicht nur wegen der Kotflügelverbreiterungen, die Audi-Designer Martin Smith der von Helmut Warkuss gestalteten Originalkarosserie verpasste – auch wenn diese sicherlich eine Rolle spielen und von Ferdinand Piëch höchstpersönlich abgesegnet wurden. Nein, es ist der Sound, das Fahrerlebnis, ja sogar der technisch klingende Name. Der quattro ist für Audi das, was Carrera für Porsche darstellt. Das charakteristische Fahrverhalten, die ungewöhnliche Geräuschkulisse, ja sogar das schwierig zu schaltende Getriebe und selbst das etwas stillose Interieur, alles trägt dazu bei, aus diesem Auto ein Symbol für die ungestümen Straßenakteure der 1980er-Jahre zu machen.

Text: Glen Waddington; Fotos: Stefan Warter; Bearbeitung: Christel Flexney

Lesen Sie in OCTANE #48, warum der quattro noch heute begeistert.

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